Ordensgemeinschaften in Deutschland

Anklopfen

„Wer klopfet an?“ Mit dieser Frage beginnt ein Adventslied, das von der vergeblichen Herbergssuche bei der Geburt Jesu handelt. Maria und Josef stehen vor verschlossenen Türen in Betlehem. 

Das Lied eignet sich als Vorlage für ein Krippenspiel. Doch in diesem Spiel geschieht der Ernstfall. Betlehem ist die Welt, und das abgelehnte Kind ist das schöpferische Wort Gottes, dem die Welt ihr Dasein verdankt. Der Prolog zum Johannesevangelium spricht davon: „Die Welt ist durch ihn geworden, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf“ (Joh 1).

Gott fällt nicht mit der Tür ins Haus. Er klopft an – manchmal vergeblich. Der Mensch kann dem Klopfen widerstehen und Gott draußen stehen lassen. Oder der Mensch hört das Klopfen gar nicht, weil er mit sich selbst beschäftigt ist und ihn darüber hinaus nichts und niemand interessiert.

Doch Gott interessiert sich für den Menschen. Er hält es aus, wenn wir ihn warten lassen. „Ich stehe vor der Tür und klopfe.“ Vielleicht höhlt das stete Klopfen den Stein des Herzens, und früher oder später öffnet sich die Tür? „Wer mir öffnet, bei dem trete ich ein und halte Mahl mit ihm und er mit mir“ (Offb 3).

Glauben heißt: hellhörig werden für die Klopfzeichen Gottes, bereit für sein Kommen. Wir brauchen dafür unser ganzes Leben. Denn Gott ist immer für Überraschungen gut: Sein Klopfen kann so leise sein, dass nur ein geübtes Ohr es wahrnimmt – oder so laut, dass wir unsere Angst überwinden und all unseren Mut zusammennehmen müssen. Vielleicht meldet er sich unserer Meinung nach zu früh, denn wir sind noch nicht so weit – oder wir haben so lange gewartet, dass wir mit seinem Klopfen nicht mehr rechnen und uns die Sehnsucht abgewöhnt haben. Außerdem: Was uns erwartet und wer uns begegnet, wenn wir herzklopfend die Tür öffnen,das ist erst recht ein Abenteuer.

Wenn wir mit dem Horchen auf das Klopfen an kein Ende kommen, dann sind wir auch eher bereit, wenn das Ende zu uns kommt:

gott klopft

bei dir an

zuinnerst

mit jedem herzton

bittet um einlass

in allen poren

des lebens

und beim letzten pulsschlag

sag endlich

aus ganzem herzen

herein

Andreas Knapp

Über den Autor

P. Dr. Albert Schmidt war bis Oktober Abtpräses der beuroner Benediktinerkongregation.

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