Kolumne: Das Abenteuer „Glauben"

Wie man eine Sache benennt, so ist sie, könnte man meinen. Da die Wirklichkeiten dieser Welt aber nicht eineindeutig sind, sondern vielfältig und mehrdeutig sind, kann es einen großen Unterschied ausmachen, welche Bezeichnung gebraucht wird.
Das wurde mir vor kurzem beim Lesen eines Artikels mit der Überschrift „Werte oder Ressourcen“ (Slawek/ Burke, Geist und Leben, Heft 1, 2025, S. 52) bewusst. Die Sache, die Wahrheit, um die es in diesem Artikel geht, ist der christliche Glaube. Das Christentum nicht als eine Ansammlung von Werten und daraus abgeleiteten Regeln zu verstehen, sondern als eine Ressource, hat mich auf Anhieb fasziniert. Plötzlich war das Bild eines Brunnens vor mir, dessen lebensspendende Fülle mich selbst nährt und an der jeder Mensch teilhaben kann.
Wie die meisten apostolisch – caritativen Gemeinschaften in Deutschland bemühen wir uns in unserem Krankenhausverbund seit dem Abschied der Ordensschwestern aus dem aktiven Dienst, das Profil, dass unter der Leitung der Schwestern die Einrichtungen geprägt hat, zu erhalten. Es in die Zukunft zu führen, obwohl dafür immer weniger christlich sozialisiertes Personal zur Verfügung steht. Wir definieren die christlichen Werten, versuchen sie zu erklären und bemühen uns, diese durch verschiedene Aktionen den Mitarbeitenden nahe zu bringen und in die Kultur des Hauses zu implementieren. Das christliche Gottes- und Menschenbild und die daraus sich ergebende absolute Achtung der Würde jedes Menschen unabhängig von allen persönlichen Unterschieden irgendwie zu „garantieren“. Haltungen wie Respekt, Aufmerksamkeit besonders für die Schwachen, Fehlerfreundlichkeit, Gerechtigkeit und Dienstbereitschaft stehen dabei im Fokus der Vermittlungsbemühungen.
An Bemühungen dieser Art bin ich seit mehr als 40 Jahren beteiligt. Die Benennung des Glaubensinhaltes als Ressource würde, so bin ich überzeugt, besser erkennen lassen, worum es uns bei unserem Mühen um die Zukunftsfähigkeit des christlichen Profils unserer Einrichtungen gehen sollte. Ziel ist nicht die Vermittlung von christlich gefärbten Handlungsanweisungen, sondern das Eröffnen der Ressourcen, die der christliche Glaube in der Sorge um mehr Lebensqualität und Mitmenschlichkeit anbietet. Kurzum: weniger Normenkatalog. Mehr fröhlich überzeugtes Christsein vorleben. Neugierig machen auf das Abendteuer Glauben. Sehnsucht nach „mehr“ wecken.