Ordensgemeinschaften in Deutschland

Die ganze Wahrheit

Der Geist des Herrn erfüllt das All mit Sturm und Feuersgluten

Wie oft haben wir dieses Lied schon geschmettert, begeistert und voller Freude, ohne auch nur im Geringsten daran zu denken, dass Feuersgluten weh tun können? Ist uns beim Singen je der Gedanke an Feuersbrünste gekommen, die Hab und Gut vernichten können?

Oder nehmen wir den Pfingsthymnus: 

Was befleckt ist wasche rein, 

Dürrem gieße Leben ein, 

heile du, wo Krankheit quält?

Wärme du, was kalt und hart, 

löse, was in sich erstarrt, 

lenke, was den Weg verfehlt.

Haben wir jemals dabei an unsere eigene Kirche gedacht? Alle, die Opfer kirchlichen Machtmissbrauchs in jeglicher Form wurden, vielleicht schon, aber die anderen? 

Wir feiern Pfingsten, wir bitten um den Heiligen Geist, und wir freuen uns über diese Gabe, die das Dürre und Erstarrte zu neuer Lebendigkeit erweckt, die das Befleckte reinwäscht, die alle, die den Weg verfehlt haben, zurückführen wird. 

Wann konnten wir je inniger um den Hl. Geist bitten, als heute? Wann waren wir stärker herausgefordert, unsere eigenen Glaubenserfahrungen ernst zu nehmen, als heute? Denn im Kleinen haben wir doch alle schon die Erfahrung gemacht, dass unsere Beziehung zu Jesus Christus uns wandelt, uns reinigt, uns zurückführt, wo wir uns verrannt haben.

Jesus sagt von sich: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben…“ (Joh 14,6). „Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in die ganze Wahrheit führen“ (A.a.O.16,13).

Heute stehen wir als Kirche an diesem Punkt, wo wir mit der ganzen Wahrheit konfrontiert werden, eine schmerzliche Wahrheit, demütigend, schwer zu ertragen. 

Aber Jesus sagt uns auch: … die Wahrheit wird euch befreien“ (A.a.O. 8,32)

An Petrus können wir sehen, wozu ein Mensch fähig ist, der sich seiner Wahrheit stellt. Aber machen wir uns nichts vor: Es sind nur wenige Menschen, die sich freiwillig ändern. 'Wandlung geschieht mit dem Rücken zur Wand', habe ich einmal in einem gruppendynamischen Kurs gelernt. Dieser Satz fällt mir immer wieder ein, in Bezug auf mich selbst und auch auf andere. Schuld wird zur glücklichen Schuld, wenn wir uns ihr stellen können. Insofern glaube ich daran, dass Gottes Geist in unserer Kirche am Werk ist: „Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind; er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen“(Lk1,51b f).

Über die Autorin

Sr. Sabine Adam ist Mitglied der Congregatio Jesu.

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