Ordensgemeinschaften in Deutschland

Einheit in der Vielfalt

„Einheit in der Vielfalt“ lautete das Thema des Provinzkapitels der Europäischen Provinz meiner Ordensgemeinschaft vor wenigen Wochen. Ordenschristen sind alles andere als uniform. Alte und Junge, Dynamische und Ängstliche, manche in der Fülle ihrer Kraft, andere alt oder krank; die einen still zurückgezogen, die anderen mit einer Fülle von Kontakten nach außen; auf die Tradition bedacht oder auf Suche nach neuen Wegen. Das ganze Spektrum menschlicher Möglichkeiten bildet sich in unseren Gemeinschaften ab.

Die Vielfalt ist schnell ausgemacht. Aber was garantiert die Einheit? Ist es die gemeinsame Aufgabe? Sind es die besonderen spirituellen Traditionen? Die Ausrichtung an der gemeinsamen Ordensregel? Ja, das alles trägt zur Einheit bei, ist aber nicht der eigentliche Grund.

Urbild jeder christlichen Gemeinschaft ist der Dreifaltige Gott. Wir kennen unterschiedliche Bilder, in denen Künstler das Geheimnis der Dreifaltigkeit zu erahnen versuchten. Das bekannteste ist vielleicht die Ikone des russischen Malers Andrej Rubljow. Die drei Engel sind unterschiedene Personen, unterscheidbar durch ihre Gewandung. Was sie eint, ist die Kommunikation, sichtbar gemacht im Spiel ihrer Hände, in ihren Blicken und in ihrer Hinneigung zueinander.

Wie es wohl bei jedem Kapitel vorkommt, wurden auch bei uns irgendwann sehr unterschiedliche Vorstellungen Und wir fragten uns, wie wir zur Einheit finden. Letztlich spürten wir, dass wir an unserer Weise der Kommunikation arbeiten wollen, die uns zu tieferem Verstehen führt. Zugleich war klar, dass ein solcher Prozess nie abgeschlossen sein wird.

Mir fällt auf der Ikone ein Detail ins Auge: Ein Platz am Tisch ist frei, dort, wo der Betrachter steht. Dort könnte ich Platz nehmen. Das Bild übersetzt für mich das Wort vom Dreifaltigen Gott als „einladende Gemeinschaft“. In seinem tiefsten Wesen ist er liebende Beziehung. Und in dieses Aufeinander-bezogen-Sein sind wir Menschen eingeladen. Wir können in die Kommunikation eintreten, die Gott selbst ist. Sie realisiert sich, wenn wir zu beten versuchen, aber auch, wo wir an ehrlichen und aufbauenden menschlichen Beziehungen arbeiten.

Über die Autorin

Sr. Maria Thoma Dikow ist Generaloberin der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel.

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