Ordensgemeinschaften in Deutschland

Etwas in Bewegung bringen

Ich kann mich nicht erinnern, dass eine politische Entscheidung schon einmal eine so große Bewegung ausgelöst hat wie die Einführung des 9-Euro-Tickets bei der Deutschen Bundesbahn. Dank einer kräftigen Subvention durch die Bundesregierung – dem Entlastungspaket für alle Bürger und Bürgerinnen wegen der der hohen Energie- und Kraftstoffpreise – kann man nun deutschlandweit im DB-Nah- und Regionalverkehr für 9 € pro Monat unterwegs sein. Dieses Angebot gilt für die Sommermonate Juni, Juli und August2022. Ich finde, das ist ein vorprogrammiertes Strohfeuer!

Die Einführung dieses 9-Euro-Tickets lag zeitlich gesehen ganz nah am Pfingstfest. Der Pfingstreiseverkehr wurde zu einer Riesen-Herausforderung für alle Beteiligten.

Das Wirken des Heiligen Geistes kann ich mir durchaus u. a. so vorstellen: eine Welle der Begeisterung zieht durch das Land und bringt alles, was lebt, in Bewegung. Menschen fühlen sich ermutigt und in der Lage, Dinge zu tun, die sie vorher nie in Erwägung gezogen haben. Im Falle der Bundesbahn lockt ein unglaublich preiswertes Ticket. Der Besitz dessen ist verbunden mit der Freude über ein besonderes Schnäppchen. Bedürfnisse nach persönlicher Begegnung nach vielen Monaten der Kontaktbegrenzung werden wach.

Wie können wir Christen eine Welle der Begeisterung auslösen? Welche Instrumente haben wir in der Hand, dass Menschen in Bewegung kommen? Was braucht es, dass Menschen fähig werden, ihre tief liegende Sehnsucht nach EINS-SEIN mit dem Göttlichen benennen können? Ich denke, zuerst müssen wir selbst Begeisterte sein; zuerst müssen wir vom Geist bewegte Menschen sein. In einer Diskussionsrunde wurde mir klar, wie weit viele junge Menschen von der verfassten Kirche entfernt sind. Und gleichzeitig sind viele als Sinn-Suchende unterwegs. Ich denke: Nicht sie sollen sich zu uns bewegen, sondern wir müssen uns bewegen. Gehen wir in deren Lebenswirklichkeit. Unter Respektierung unserer Berührungsängste lasst uns zu denen gehen, die nicht mit uns rechnen. 

Diese aufsuchende Seelsorge ist keine Massenbewegung wie das 9-Euro-Ticket, wohl aber kann es eine nachhaltige innere Bewegung sein – für alle Beteiligten.

Über die Autorin

Sr. M. Regina Pröls ist Generaloberin der Kongregation der St. Franziskusschwestern Vierzehnheiligen.

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