Ordensgemeinschaften in Deutschland

Gelassenheit!

Wird es eine Zeit „nach Corona“ geben – oder „mit Corona“ bleiben?

Wie wird sich unsere Welt verändern? Wird es eine Zeit „nach Corona“ geben – oder „mit Corona“ bleiben? Es wird nach oder mit Corona anders sein.

Die Welt verändert sich. Wir verändern uns. Können wir das: achtsamer, aufmerksamer, gelassener werden? Oder wird der Umgang miteinander aggressiver? Zuerst ICH? Haben wir Angst, sind wir unsicher? Drehen wir durch?

Kann uns Gelassenheit helfen?

Was wird an Neuem, an Interessantem auftauchen in der Welt – und was wird bleiben?

Im Euthymia-Jahresbrief unserer Gemeinschaft betrachten wir die „Gelassenheit“ unserer Seligen Schwester M. Euthymia. (1914 - 1955 / Seligsprechung in Rom 2001).

Sie konnte annehmen, was kam: Ihre Rachitis-Erkrankung als Kind und die körperlichen Schwächen. Sie wurde mit 20 Jahren zum Eintritt in unsere Gemeinschaft zugelassen und pflegte als Krankenschwester im Vinzenz-Hospital in Dinslaken verletzte Kriegsgefangene, als seien es ihre eigenen Brüder. Sie kannte keine „Fremden“, hatte keinerlei Vorbehalte. Ihre Anwesenheit vermittelte Frieden unter den einfachsten Verhältnissen in der großen Krankenbaracke. Sie schleppte ihre Kranken die Treppe hinauf zum Röntgen oder hinunter in den Luftschutz-Keller, weil laut Gestapo kein Aufzug von ihnen benutzt werden durfte. Durchwachte Nächte. Präsenz Tag für Tag. Sie versteckte Extra-Essensrationen für Besucher aus benachbarten Lagern. Sie packte an und schuftete, als Bomben das Krankenhaus zerstört hatten.

Und dann wurde sie nach dem Krieg aus ihrer geliebten Krankenpflege versetzt in die große Waschhausbaracke neben der Raphaelsklinik und dem Mutterhaus in der Innenstadt Münsters. Sie erblasste kurz - und sagte dann: „Alles für den großen Gott!“

Berge von Wäsche, Überforderung durch die maroden Waschmaschinen nach dem Krieg. Anstrengende Mitschwestern. Sie verbitterte nicht, klagte nicht, wurde nicht zynisch oder hart.

Handwerker, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder auch die Kranken sahen mehr in ihr. Die Sonntagnachmittage verbrachte sie vor dem Allerheiligsten in St. Servatii direkt neben dem Mutterhaus. – Was mag sie hier erlebt haben? – Welche Nähe und Tiefe der Begegnung – oder auch welches Alleinsein? Hier war ihre Kraftquelle.

Und dann erkrankte sie mit 41 Jahren an Krebs, ertrug die Monate der Krankheit mit starken Schmerzen – bevor sie am 9. September 1955 starb.

Sagt uns all das etwas über „Gelassenheit?“

 Und heute? Ich vermute: Sie ist wohl die am meisten besuchte Frau in Münster. Ihre Grabkapelle auf dem Zentral-Friedhof ist selten ohne Besucher:

Menschen, die sie im Vorbeigehen grüßen, ein Licht entzünden oder verweilen, ihre Nähe suchen, ihr offenes Ohr, ihr liebendes Herz, ihre helfende Lebensbegleitung. Andere kommen von weit her oder sind bei jedem Münster-Besuch auch an ihrem Grab.

Sie ist für viele Menschen da, - ganz selbstverständlich – ohne Aktionen – einfach so. Ihre Begleitung wird erfahren.

Ein Gottesgeschenk – diese Selige.

Im Euthymia-Zentrum kommen viele Briefe, Anrufe und Fürbitten über das Internet an.

Mitten in Münster – ein Ort des Gebetes.

Unsere Kirche wird sich in Vielem verändern, doch solche Orte werden bleiben. Verletzte und dankbare Menschen finden sie.

Übrigens: Euthymia heißt: Ausgeglichenheit der Seele! – Das wusste sie selber sicher nicht, doch sie lebte es - und lässt uns dies auch heute erfahren.

Der Euthymia-Jahresbrief 2021 ist auf der Homepage der Clemens-Schwestern zu finden.

Über die Autorin

Sr. M. Elisabethis Lenfers ist Mitglied der Clemensschwestern und Leiterin des Euthymia-Zentrums.

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