Ordensgemeinschaften in Deutschland

Glaube, Hoffnung und Liebe.

Vor einigen Tagen haben wir eine 87-jährige Mitschwester beerdigt, deren Warmherzigkeit uns fehlen wird. Sr. Josefa war eine Frau, auf die das Wort Jesu passte: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, dann könnt ihr nicht in das Reich Gottes kommen …“ Aufgewachsen auf einem Bauernhof in Osttirol hat sie ihr Leben lang im hauswirtschaftlichen Bereich gearbeitet, davon 17 Jahre lang als Pfarrhaushälterin in Innsbruck. Sie konnte unbefangen auf alle zugehen, und ihre unverstellte Herzlichkeit machte es vielen Menschen leicht, sich ihr anzuvertrauen.

Die letzten 20 Jahre lebte sie im Generalat, wo sie in der Küche und beim Bügeln nicht nur ihren Ordnungssinn bewies, sondern auch ihr ästhetisches Empfinden. Die schönen Dinge des Lebens konnte sie dankbar genießen. Ich werde nie vergessen, wie wir zwei einmal trotz aufkommender Müdigkeit bis Mitternacht vor dem Fernseher saßen und eine Opernübertragung von den Salzburger Festspielen angeschaut haben; hingerissen von den schönen Stimmen und vereint imKunsterlebnis.

Ihre vielen zusätzlichen kleinen Dienste und Handgriffe, die in einem Haus getan werden müssen, fielen meistens erst dann auf, wenn sie ungetan blieben, weil Sr. Josefa im Urlaub war. Für die jungen Frauen im Kirchenasyl und die Studentinnen, die bei uns lebten und leben, war sie die Oma. Sie nahm sich Zeit und zeigte Zuneigung. Auch wenn ihr manches an der Jugend von heute sehr sonderbar vorkam, blieb sie neugierig und interessiert. So wie Kinder selbstvergessen und hingebungsvoll spielen können war sie ganz bei sich, weil sie ganz bei der Sache und bei ihrem Gegenüber war. 

Als sie vor einigen Monaten die Diagnose einer bereits fortgeschrittenen Krebserkrankung erhielt, blieb sie gefasst und setzte sich bewusst mit dem Sterben auseinander. Je pflegebedürftiger sie wurde, desto dankbarer war sie für jeden Handgriff und jede mitschwesterliche Geste. Ihren Humor hat sie sich bis zuletzt bewahrt. 
Ihr Tod kam dennoch plötzlich und unerwartet. Dass ihr ein längerer Leidensweg erspart geblieben ist, erfüllt uns Hinterbliebene mit Dankbarkeit.

Sr. Josefa hat nichts Weltbewegendes geleistet. Sie wird nicht durch große Taten in die Geschichte eingehen. Aber ihr Leben gibt uns zu denken. In unseren Herzen und in unserer Erinnerung setzen wir ihr ein Denk-mal. An Sr. Josefa konnten wir ablesen, was im Leben wirklich wichtig ist: Glaube, Hoffnung und Liebe.

Über die Autorin

Sr. Hildegard Schreier ist Generalleiterin der Missionarinnen Christi.

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