Ordensgemeinschaften in Deutschland

Heil mit Leib und Seele

Ich will mir nicht einreden lassen, dass das wichtigste Ziel der Gesellschaft sei, mich vor Corona zu bewahren, wenn das Andere in existenzbedrohende Situationen bringt.

Es kann lästig sein, immer wieder mit dem Thema „Corona und seine Folgen“ konfrontiert zu werden. Ich jedenfalls empfinde es manchmal so. Dennoch ist es wichtig, dass wir stets neu Stellung beziehen und prüfen, ob all das, was geschieht oder nicht geschieht, was uns zu tun empfohlen oder abgeraten wird, mit unserer Grundeinstellung übereinstimmt. Und da habe ich gerade auch als Mitglied der Risikogruppe einige Fragen. Eine der Hauptbegründungen für den Lockdown, der wochenlang das öffentliche Leben fast lahmgelegt hat und uns vermutlich in Teilbereichen noch lange verfolgen wird, ist der Schutz vor Ansteckung. Vor allem derer, die zur Risikogruppe gehören, weil, wie man weiß, die Diagnose „COVID-19 – Infektion“ für sie mit hoher Wahrscheinlichkeit die Todesursache ist.

Diese Sorge ist natürlich erstmal löblich und ich will diese Bemühungen auch nicht kleinreden, aber dennoch - so sage ich offen – erweckt sie bei mir nicht nur positive Gefühle. Natürlich will und muss ich alles tun und lassen, was notwendig ist, damit ich nicht zum Keimüberträger für andere werde. Ich will mir aber nicht einreden lassen, dass es das wichtigste Ziel der Gesellschaft sein muss, mich vor dem Tod durch Corona zu bewahren, vor allem dann nicht, wenn das andere Menschen in existenzbedrohende Situationen bringt. Irgendwie scheint das nicht zu dem zu passen, was ich im Stundengebet bete, was mir in den Texten der Eucharistiefeier nahegelegt wird und was wir zu Ostern feiern. Da ist von einer grenzenlosen Herrlichkeit die Rede, die uns nach unserem Tod erwartet, von der Heimat im Vaterhaus Gottes, von Leben in überfließender Fülle und Heil für den ganzen Menschen mit Leib und Seele. Ganz gleich wie diese Bilder verstanden und interpretiert werden müssen, sie sagen alle, dass das, was kommt, worauf wir hoffen dürfen, viel besser ist, als das, was wir haben. Dass diese Hoffnung die natürliche Angst des Menschen vor dem Tod relativiert und eine größere Gelassenheit schenkt, ist das nicht das große Geschenk des Christentums für die Welt?  Vielleicht haben wir den Vorwurf, dass diese Hoffnung bloße Vertröstung sei, so sehr verinnerlicht, dass sich in uns die Sehnsucht nach dieser Zukunft nicht entwickeln konnte? Zeuge zu sein für die Sehnsucht der Menschheit nach der Fülle des Lebens, die nur in der bleibenden Begegnung mit dem Herrn gestillt werden kann, ist aber ein Wesenszug des Ordenslebens und Auftrag für jeden Ordenschristen.

Über die Autorin

Sr. M. Dominika ist Provinzoberin der Schwestern von der hl. Elisabeth der Provinz Deutschland.

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