Ordensgemeinschaften in Deutschland

Kolumne: Die menschliche Liebe

Die Geschichte meiner Ordensgemeinschaft beginnt mit einem Gebet zum Herzen Jesu. Die vier Frauen aus dem schlesischen Neiße, die wir als die Gründerinnen unserer Kongregation verehren, weihten im September 1842 sich und das Werk, zu dem sie sich berufen fühlten, dem „anbetungswürdigen Herz unseres Erlösers Jesus Christus“. Sie stellten damit sich selbst und die Kranken und Notleidenden, für die sie „ohne Rücksicht auf Stand und Religion“ unentgeltlich helfend tätig sein wollten, unter den Schutz des Herzes Jesu.

Dass im Unterschied zu vielen anderen im 19. Jahrhundert gegründeten Gemeinschaften die Herz–Jesu–Spiritualität bei uns dennoch nicht im Namen der Gemeinschaft zum Ausdruck kommt, hatte, so wage ich zu behaupten, ökumenische Gründe. Im preußischen Staat war alles Katholische suspekt. Die Entscheidung, Elisabeth von Thüringen als Vorbild für ihre Liebestätigkeit zu benennen und nicht die typisch katholische Herz Jesu Frömmigkeit, senkte sowohl für die, die um Hilfe baten, als auch für alle, die sie als Sponsoren unterstützten, die Hemmschwelle im Kontakt mit den Schwestern.

Das minderte aber nicht die Bedeutung der Herz Jesu Frömmigkeit für das geistliche Leben der Elisabeth – Schwestern. Es gab und gibt viele Zeugnisse, dass das Vertrauen auf die Liebe des geöffneten Herzens Jesu ihnen Kraft gab und Zuversicht für ihren Dienst an den Kranken und Trost in ihrem Leiden und Sterben.  

Darum ging es wohl auch Papst Franziskus mit der Veröffentlichung seiner vierten und letzten Enzyklika DILEXIT NOS. Leider ist sie nicht sehr beachtet worden. Ja es gab sogar Stimmen, die sie für entbehrlich halten. Man vermisste den „Weltbezug“.  Doch das ist, so scheint mir, eine Fehleinschätzung. Ist es nicht für unser Leben von großer Bedeutung, wenn uns bewusst wird, dass die Liebe des Herzens Jesu auch eine menschliche Liebe ist? Menschliche Liebe heißt menschengemäß, Maß genommen am Menschen und dem Menschen angemessen. Nur weil das so ist, kann der Mensch Gottes Liebe als Liebe erfahren. Eine rein göttliche Liebe ist unermesslich, grenzenlos und daher für uns unbegreifbar. Und nur, weil der auferstandene Herr uns auch heute mit menschlicher Liebe begegnet, kann sein Herz uns Vorbild und Beispiel sein für unsere Liebe zu Gott und dem Nächsten.

Übersicht aller wöchentlichen Kolumnen 

Über die Autorin

Sr. M. Dominika Kinder CSSE ist Ordensmitglied der Schwestern v. d. hl. Elisabeth sowie päpstliche Kommissarin des Ursulinenklosters in Neustadt a. d. Dosse

Hier geht es zur Homepage der Schwestern v. d. hl. Elisabeth