Kolumne: Mit Bedacht mitbedacht

Heutzutage werden die Häuser besonders bedacht. Flachdächer und auch manche Schrägdächer werden begrünt, und ich finde es spannend zu sehen, welche Biotope, also welche Lebensorte sich da entwickeln.
Sie werden oft „bebaut“ mit Solarpanelen und als hauseigenes Kraftwerk genutzt. Auch wir Mauritzer Franziskanerinnen haben inzwischen die Dachflächen unserer Mutterhauskirche in Münster so genutzt.
Die Baufirma hatte mit Bedacht mitten auf dem Dach ein großes Kreuz ausgespart und von Solarpanelen frei gelassen, damit die Last nicht zu schwer wird. Solche zumeist mit weißer Farbe aufgebrachten Kreuze gab es im Zweiten Weltkrieg auf fast allen Krankenhausdächern, um wenigsten die Kranken vor dem Inferno des Bombenterrors zu schützen. Leider hat das damals wie heute oft nichts genutzt. Aber das benachbarte Franziskus-Hospital blieb als einziges Krankenhaus in Münster verschont.
Wer heute auf die Südseite der Mutterhauskirche schaut, sieht inmitten der blauschimmernden Solarpanelen tagsüber ein unauffälliges Kreuz in der Dachbedeckung. Aber im Dunkeln und nachts, wenn wir umfassend der Dunkelheit ausgeliefert sind, dann leuchten die Ränder des tagsüber so unscheinbaren Kreuzes auf. Die Techniker hatten – theologisch irgendwie pfiffig - einen kleinen Teil der am Tage gewonnenen Sonnenenergie in die nächtliche Beleuchtung des Dachkreuzes investiert. So wird, wenn es dunkel, todesdunkel oder „zappenduster“ um uns ist, das Kreuz Christi, die letzte hoffnungsvolle Lichtquelle für uns und unser Leben ein- und aufleuchtend sichtbar.
Den Pflegenden und Ärztinnen und Ärzten, die heute das Kreuz vom Krankenhaus aus sehen, kann es sagen: Geh mit Gott, mit dem Gott, der dir in sonnigen Tagen die lichtvolle Energie von oben schenkt, zu den Kranken und Sterbenden, zu denen, die im Todesdunkel kein Licht mehr für sich sehen, und mache sie vertraut mit der Hoffnung auf den Gott des Lebens und der Liebe.
Auch wenn dort oben auf dem Dach keinerlei Pflanzen wachsen, es ist doch ein Biotop, eine Hoffnung stiftender Lebensort, selbst nachts ein lichtvolles Biotop, ein Lebensort mit Bedacht bedacht und auf höchstem Niveau.