Ordensgemeinschaften in Deutschland

Zum Reformationstag

Die Reformationsforschung hat gezeigt, dass Luther am Anfang seines Protestes gegen die Kirche nicht deren Spaltung im Sinn hatte.

In der kommenden Woche ist der Reformationstag. In den neuen Bundesländern, die seit 500 Jahren wesentlich von der Reformation geprägt sind, ist das ein staatlicher Feiertag. Für viele Katholiken aber ist dieser Tag mit schmerzlichen Gefühlen verbunden, denn er erinnert an die zweite große Spaltung der Kirche, unter der wir bis heute schmerzlich leiden.

In den letzten Monaten haben mich hin und wieder „normale“ Katholiken angesprochen, die trotz oder gerade wegen des Synodalen Prozesses eine erneute Spaltung der Kirche befürchten und davor Angst haben. Mir scheint, diese Sorge muss ernst genommen werden. Zumal sie meist von den „Kleinen im Lande“ geäußert wird, von denen, die vor der Öffentlichkeit keine Stimme haben, sich aber auch von den „Wortgewaltigen“ (ganz gleich welcher Richtung) nicht vereinnahmen lassen möchten und sich daher oft „wie Schafe ohne Hirten“ fühlen. Dieses Gefühl vorschnell als Angst vor Veränderung zu deuten und als konservativ abzustempeln, macht sie nur noch sprachloser.

Die Reformationsforschung hat gezeigt, dass Luther am Anfang seines Protestes gegen die Kirche nicht deren Spaltung im Sinn hatte. Er wollte eine erneuerte Kirche, die sich allein am Wort der Schrift orientiert.  Seine Tragik war, dass er im Laufe der Jahre das Wort der Schrift immer mehr unter das Diktat seines eigenen theologischen Verständnisses stellte und dafür auch auf der politischen Ebene Gefolgsleute fand.

Die Tragik auf der Gegenseite aber, bei den „Papisten“, war die allzu feste Überzeugung, dass es keine ernsthaften Gründe für Veränderungen gab. Für sie war das, was war, alles richtig. Sie nahmen Luther daher anfänglich nicht ernst. „Mönchsgezänk“ nannten sie es, als sie davon hörten. Die Gefahr einer Kirchenspaltung haben sie überhaupt nicht gesehen.    

Trotz vieler Gespräche und Diskussionen in den Jahren nach der Veröffentlichung der Thesen fand man dann keine Brücke mehr zueinander. Beide Seiten hatten die Begrenzungen des Gegenübers und die Sprengkraft ihres eigenen Verhaltens unterschätzt.  So geschah, was beide Seiten eigentlich nicht gewollt hatten: die Kirche spaltete sich. 

Angesichts des oft beklagten „Reformstaus“ in unserer Kirche heute und der Erwartung vieler Menschen, dass dieser in absehbarer Zeit behoben ist, könnte der Reformationstag für uns Katholiken ein Anlass sein zu prüfen, wo es heute Parallelen zur Reformationszeit gibt, damit wir nicht in die gleiche Falle laufen, wie die Gläubigen damals. 

Über die Autorin

Sr. M. Dominika ist Provinzoberin der Schwestern von der hl. Elisabeth der Provinz Deutschland.

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