Wenn in der Benediktinerabtei St. Matthias in Trier Sonntagmorgens in der Pilgerzeit die ersten Gruppen von Wallfahrern eintreffen, beginnen nicht nur die Glocken der Basilika zu läuten: Jede Gruppe wird auch mit dem Applaus der bereits eingetroffenen Pilger begrüßt. Nacheinander stellen die Pilgergruppen sich für den Einzug in die Basilika auf. Wenn sich das Pilgerportal öffnet, strömen sie unter Orgelmusik – von „Großer Gott, wir loben dich“ bis hin zu „Ein Haus voll Glorie schauet“ – in die Kirche, berühren die Füße der Statue des Hl. Matthias vor dem Altarraum und setzen sich dann in die Bänke, um mit dem Pilgerbruder P. Athanasius gemeinsam zu beten. Erstpilger werden begrüßt, Pilgerjubiliare bekommen eine Gebetskerze überreicht. Beim anschließenden Pontifikalamt auf dem Kirchenvorplatz ist der ganze Platz mit Gläubigen aller Altersgruppen gefüllt.
Das Pilgern liegt wieder im Trend. Reiseveranstalter bewerben regelmäßig Pilgerreisen nach Rom oder ins Heilige Land. In vielen Orten sind nach dem Vorbild der früheren Pilgerbruderschaften neue Gruppen entstanden, die jährlich eine gemeinsame Wallfahrt zu einem regionalen Wallfahrtsort durchführen. Schon seit vielen Jahrhunderten pilgern Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen: Gebetsanliegen, Dankbarkeit – in der heutigen Zeit spielen auch Gründe wie Selbstfindung oder das Treffen einer Lebensentscheidung eine Rolle. Menschen, die pilgern oder eine Wallfahrt machen, sind also oft suchende Menschen.
Auch viele Klöster beherbergen nach wie vor Wallfahrtsorte – oder umgekehrt: An vielen Wallfahrtsorten sind im Laufe der Geschichte Klöster entstanden – nicht nur, weil sie stets für ihre Gastfreundlichkeit geschätzt wurden und werden. Ob Gnadenbilder oder Heiligenverehrung – auch in Deutschland sind Klöster das Ziel von Pilgern. Neben der Benediktinerabtei St. Matthias in Trier, die die Reliquien des Hl. Matthias beherbergt, ist eine der bekanntesten in Deutschland die Wallfahrt zum Heiligen Berg im Kloster Andechs, die seit dem 12. Jahrhundert bezeugt und somit die älteste Wallfahrt Bayerns ist. Aber auch die Zisterzienserabtei St. Marienstatt im Westerwald kann auf eine 550-jährige Wallfahrtstradition zum Gnadenbild von Marienstatt zurückblicken. Das thüringische Franziskanerkloster Hülfensberg ist sogar Ziel gleich mehrerer Wallfahrten: der Johannes- und Familienwallfahrt und der Michaels- und Schützenwallfahrt. Und in Altötting, wo die Kapuziner die Wallfahrt zur Gnadenkapelle betreuen, ist das Grab des Hl. Br. Konrad Parzham, der dort als Pfortenbruder lebte und wirkte, mittlerweile selbst zum Ziel vieler Pilger geworden.
Wegen der Corona-Pandemie mussten in diesem Jahr viele Wallfahrten entfallen; viele Wallfahrtsorte verzeichneten daher wenige bis keine Besucher. So auch in St. Matthias in Trier: Wer hätte im letzten Jahr, als die Jahreslosung „Pilgerwege im Herzen“ verkündet wurde, ahnen können, dass sie so wörtlich zu nehmen sein würde. Viele Klöster haben sich daher einiges einfallen lassen: Sie bieten „Online-Wallfahrten“ an und versorgen ihre Pilger mit Fotos, Videos und Impulstexten.
Auf unserer geistlichen Landkarte finden sich derzeit 20 verschiedene klösterliche Wallfahrtsorte.