Ordensgemeinschaften in Deutschland

Flüchtlingsaufnahme ist das Gebot der Stunde

Nicht erst seit der Aufforderung von Papst Franziskus nehmen Orden Flüchtlinge auf. Im domradio.de-Interview spricht die Generalsekretärin der Deutschen Ordensoberenkonferenz, Schwester Agnesita Dobler darüber.

Nicht erst seit der Aufforderung von Papst Franziskus nehmen Orden Flüchtlinge auf. Im domradio.de-Interview spricht die Generalsekretärin der Deutschen Ordensoberenkonferenz, Schwester Agnesita Dobler darüber.

domradio.de: Das Klischee vom leerstehenden Kloster, in das schnell Flüchtlinge einziehen können - stimmt das?

Sr. Agnesita Dobler (Generalsekretärin der Deutschen Ordensoberen-Konferenz): Fakt ist, dass wirklich einige Ordensgemeinschaften leerstehende Gebäude haben. Nicht erst seit das Thema in den letzten Tagen so präsent geworden ist, schon vor über einem Jahr haben Ordensgemeinschaften teilweise ihre Gebäude für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt.

domradio.de: Wie leicht oder schwer lässt sich ein Klostergebäude, das für eine Ordensgemeinschaft gebaut worden ist, in eine angemessene Unterkunft für Flüchtlinge umwandeln?

Sr. Agnesita: Für dieses Vorhaben müssen schlichtweg verschiedene Punkte beachtet werden. Wir von der Deutschen Ordensobernkonferenz haben uns deshalb letztes Jahr im Oktober zusammen mit Ordensgemeinschaften, die schon erste Erfahrungen hatten in der Aufnahme von Flüchtlingen, Gedanken gemacht, was alles bedacht werden muss. Wir haben dann den Ordensgemeinschaften eine Checkliste zur Verfügung gestellt, anhand der sie bestimmte Bereiche abprüfen können, Überlegungen anstellen können, ob ein Gebäude geeignet ist, oder nicht. Das reicht von Ansprechpartnern bei den Behörden, über das Thema Brandschutz, von Versicherungen, von Umbaumaßnahmen. Es geht natürlich auch noch viel weiter: Wer ist Ansprechpartner, wie ist die Infrastruktur in der Umgebung, was kann die Ordensgemeinschaft selber leisten, stellt sie nur den Wohnraum zur Verfügung, wie sieht es mit der Betreuung vor Ort aus, wie werden ehrenamtliche engagierte Helfer gesucht, gefunden, betreut, bis hin zu der Frage wie wird die Umgebung, die Nachbarschaft, die politische Gemeinde, die Kirchengemeinde über dieses Vorhaben informiert. Das heißt, im Ordensbereich ist das Thema Aufnahme von Flüchtlingen schon über ein Jahr ganz konkret. 

domradio.de: Wie sieht die konkrete Flüchtlingsunterstützung bei Ihrem Orden, den Franziskanerinnen aus?

Sr. Agnesita: Wir haben seit März/April 2014 einen kleinen Konvent mit zwei oder drei Schwestern im ehemaligen Kloster Weingarten, dort hat die Diözese Rottenburg-Stuttgart zuerst im Bereich ihrer Akademie und jetzt auch noch in weiteren Gebäuden Flüchtlinge aufgenommen. Das heißt seit bald eineinhalb Jahren leben von uns Schwestern mitten unter den Flüchtlingen und unterstützen sie. Die Betreuung ist natürlich über den Landkreis und Caritas ebenfalls organisiert, aber sie leben in direkter Nachbarschaft zu den Flüchtlingen. Das andere ist, dass bei uns auf dem Klostergelände seit einigen Monaten zwei afrikanische Familien eine Unterkunft gefunden haben und dort jetzt ebenfalls direkt in nächster Nachbarschaft zu den Schwestern leben.

domradio.de: Was ist denn das Besondere an dem Zusammenleben?

Sr. Agnesita: Für uns ist es einfach ein Gebot der Stunde, in dem Maß, wie wir noch selber können, dafür Unterstützung zu leisten. Von daher können wir die Aufforderung von Papst Franziskus  nur unterstreichen: jeder Einzelne, aber natürlich auch jede Ordensgemeinschaft soll prüfen, inwieweit sie jetzt in diesem drängenden Problem Unterstützung leisten kann. Für uns als eigene Ordensgemeinschaft ist es natürlich auch neben der beständigen Herausforderung, die sich einfach ergibt, wenn Leute aus einem anderen Kulturkreis usw. kommen, organisatorischen Dinge geregelt werden müssen, auch eine Bereicherung, ein Blick über den Horizont hinaus, wenn wir uns mit diesen Themen konkret auseinander setzen.

domradio.de: Glauben Sie denn, dass die Orden die Aufforderungen des Papstes umsetzen können, Flüchtlinge aufzunehmen?

Sr. Agnesita: Das denke ich, weil bereits vielfach Ordensgemeinschaften jetzt schon bevor der Papst es offiziell ausgesprochen hat, in Deutschland Flüchtlinge aufgenommen haben. Es geht nicht immer ohne Probleme, man muss gut prüfen und vorbereiten - sofern die Zeit bleibt. Damit auch auf Dauer oder zumindest für längere Zeit die Bereitschaft und die Möglichkeit erhalten werden kann, dass in Ordensgebäuden, in Klosterimmobilien, Flüchtlinge Unterkunft finden.

Das Interview führte Mathias Peter. Es wurde zuerst auf der Seite domradio.de veröffentlicht.

Lesen Sie mehr zum Thema in unserem Dossier "Orden im Einsatz für Fllüchtlinge".