Ordensgemeinschaften in Deutschland

Missionsköpfe: Sr. Anna Damas SSpS

Sr. Anna Damas SSpS hat als Kind viele Gastarbeiter in der Nachbarschaft erlebt. Im Rückblick auf ihre Zeit in Papua-Neuguinea bezeichnet sie sich selbst als Gastarbeiterin in der dortigen Kirche...

Missionsköpfe - das sind Ordensfrauen und Ordensmänner, die mit ihrem Leben und ihrem Tun für ein modernes Missionsverständnis stehen, etwa im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils, auch wenn sie zum Teil schon vor dem Konzil gelebt und gewirkt haben. Anlässlich des außerordentlichen Monats der Weltmission im Oktober 2019 und dem damit verbundenen Themenschwerpunk "Mission" auf orden.de im 2. Halbjahr 2019 werden hier und im Themenbereich Mission einige von ihnen exemplarisch portraitiert.

Anna Damas wurde 1966 geboren und trat 1987 bei den Steyler Missionsschwestern ein. Sie absolvierte ein Theologiestudium in Münster und Nimwegen (NL), war von 1998 bis 2005 Pastoralreferentin im Bistum Aachen und von 2006 bis 2019 in Papua-Neuguinea in der Katechistenausbildung und Bibelarbeit tätig.

Wenn man so wie ich im Ruhrgebiet geboren ist, wächst man schon gleich mit der Ahnung auf, dass die Welt größer ist als das, was die eigenen Kinderaugen sehen. Unsere Nachbarn waren Türken, und rundherum in unserer Arbeitersiedlung wohnten auch italienische Familien – Gastarbeiter, die Deutschland seit den 1950er Jahren für die Kohle- und Stahlindustrie im Ruhrgebiet anwarb. Das Fremde war also gleich neben unserer Haustür zu finden und saß neben mir auf der Schulbank. Und das Fremde zog mich an. Ich verschlang Bücher, die von Urwäldern mit Tigern erzählten, von Kindern in Afrika und Indios in den Anden, und als unser Pfarrer mich bat, die MISSIO-Hefte auszuteilen, las ich sie erst immer selbst. Mission begeisterte mich: zusammen mit Menschen anderer Kulturen den Glauben leben. Gott hatte mich damit sozusagen am Angelhaken.

Ich überspringe nun etliche Jahre – Eintritt und Ordensausbildung in Steyl, Theologiestudium, City- und Gemeindepastoral in Venlo (Holland) und in Mönchenchengladbach. Nicht, dass sie nicht bedeutungsvoll gewesen wären, aber ich möchte hier von Papua-Neuguinea erzählen, wo ich sozusagen Gastarbeiterin in der dortigen Kirche sein durfte. Das Land hat eine koloniale Vergangenheit, und die Kolonialmächte kamen als Herren. Nun aber sind wir Ausländer dort Gäste. (Gott sei Dank sind Missionare immer noch gern gesehene Gäste in der einheimischen Kirche!) In der Katechistenschule und in den Bibelkursen interessierte es mich sehr, wie die Menschen ihren Glauben verstehen. Ihr spontaner Zugang zu den Geschichten der Bibel, besonders im Alten Testament, verblüffte mich oft. Da ihre eigene Kultur genau wie die des alten Israel eine gemeinschaftsbezogene Stammeskultur ist, erschließt sich ihnen der Sinn der Texte auch ohne die wissenschaftlich-theologischen „Krücken“, die ich brauche.

So drehte sich die Lehrer-Schüler-Rolle manchmal um, und ich lernte von den Katechisten zum Beispiel, was man von den Geistern und Dämonen zu halten hat, mit denen Jesus zu tun hatte. Das Neue Testament ist voll solcher Geschichten. Wie damals Jesus selbst und sein Umfeld glauben auch die Menschen in Papua-Neuguinea an die Existenz von Geistern. Sie leben in Bäumen und Seen, und manchmal (besonders wenn man sie stört) fahren sie in einen Menschen ein und machen ihn krank, sogar todkrank. Deshalb hat man einen Heiden(!)respekt und lebt in ständiger Angst vor ihnen. Wenn Jesus also böse Geister austreibt, ist das wirklich eine gute Nachricht: In Jesus ist Gott mächtiger als alle bösen Mächte, und wer Jesus vertraut, braucht Geister nicht zu fürchten.

Die Katechisten waren stolz, wenn ich ihnen sagte, dass nicht ich, sondern sie die Missionare in Papua-Neuguinea seien. Denn sie könnten ja Glaubensinhalte viel besser in die Sprach- und Denkwelt der Menschen dort übersetzen als ich. Ich liefere nur das Wissen und Handwerkszeug dazu. Und genau das, versicherten die Katechisten mir, sei so wichtig für sie. Ich funktionierte für sie als Brücke in die Sprach- und Denkwelt der Kirche, die sich ja nun mal in Europa entwickelt hat und daher in vieler Hinsicht fremd ist für Menschen ganz anders gestrickter Kulturen.

So gesehen luden wir uns also gegenseitig ein in unsere je eigenen Welten, die Glaubenden in Papua-Neuguinea und ich. Und das finde ich eine schöne Umschreibung von Mission: Glaubens-Gastfreundschaft. Es stimmt nämlich, was der Autor des Hebräerbriefes schrieb: „Vergesst die Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt!“ (Hebr 13,1)

(von Sr. Anna Damas SSpS)