Die Umsetzung des kirchlichen Archivrechts im Generalsekretariat der Vereinigung Deutscher Ordensobern und des Deutschen Katholischen Missionsrats

von
Karsten Kühnel

(Online-Publikation ohne Textanhänge und Noten)

    1. Historischer Überblick

    Ein Anfang der Entwicklung der jüngeren Archivgesetzgebungen in der katholischen Kirche ist in den "Istruzioni agli eccellentissimi Ordinari e ai reverendissimi Superiori Religiosi d’Italia sull’amministrazione degli archivi" Papst Johannes XXIII.’ vom 5. Dezember 1960 zu sehen. Der damalige Bistumsarchivar von Paderborn, Alfred Cohausz, sah in den Instruktionen eine Normensammlung, die in ihrer Bedeutung über Italien hinausreichen sollten, da in ihnen Grundsätzliches zum kirchlichen Archivwesen ausgesagt wurde. Insofern stellten sie eine Ausführungsverordnung zu den einschlägigen Bestimmungen des CIC dar. In der Folgezeit wirkte Cohausz als Motor der katholischen Archivgesetzgebungsbestrebungen in Deutschland. Besonders die Handhabe der Kassationen erweckte in seinen Augen Handlungs- und Regelungsbedarf. Nach Beratungen der Deutschen Bischofskonferenz wurden 1966 die "Bischöfliche Hauptkommission für die kirchlichen Archive in Deutschland" und Provinzkommissionen ins Leben gerufen. Alfred Cohausz übernahm das Amt des Ersten Vorsitzenden der Hauptkommission. In § 2 b der Geschäftsordnung wurde den deutschen Ordensobernvereinigungen die Möglichkeit eingeräumt, je einen Vertreter in die Kommission entsenden zu können. Für die VDO nahm der Ordenshistoriker P. Norbert Backmund OPraem aus Windberg an den Beratungen teil. Die vordringlichste Aufgabe der Kommission ist in § 6 der Geschäftsordnung formuliert:

    "Die bischöfliche Hauptkommission hat zunächst Anweisungen zu entwerfen, die den für Italien am 5. Dezember 1960 gegebenen [...] entsprechen. Sie wird diesen Entwurf der Plenarkonferenz der deutschen Bischöfe zur Genehmigung vorlegen. Die Bischofskonferenz behält sich ihre Festsetzung für den Bereich der deutschen Bischöfe vor."

    In den nächsten Jahren erarbeitete die Kommission zahlreiche kleinere Richtlinien und Empfehlungen. Bereits in den "Richtlinien für die Erhaltung und Verwaltung der kirchlichen Archive in Deutschland" vom September 1968 zeigt sich eine terminologische Problematik im Umgang mit Veröffentlichungen zum katholischen Archivrecht, die in gemindertem Umfang bis heute besteht. Der Begriff des "Archivs"hat hier seine primäre Funktion in der Unterstützung der Verwaltung und trägt noch Züge der klassischen "juristischen Rüstkammer". Darüber hinaus wird der Terminus auf die Registratur ausgedehnt:

    "Zum Archiv im Sinne dieser Richtlinien gehört wesensmäßig auch die laufende Registratur." (Nr. 2).

    Man übernahm hier einen Archivbegriff, der zwar in Italien geläufig ist, der deutschen Archivwissenschaft aber fremd oder zumindest antiquiert erscheinen muss. Im vorliegenden Fall ist er aus den oben erwähnten päpstlichen Instruktionen rezipiert worden. Anders als in Deutschland bedurfte er dort keiner expliziten Definition. Eine Übersetzung des vom CIC gebotenen Begriffs des "archivum" wurde nach einem Gutachten von Heribert Schmitz über das "Archivwesen im CIC 1983 im diözesanen und pfarrlichen Bereich" auf der Bundeskonferenz 1984 "am angemessensten" mit dem deutschen Begriff der "Schriftgutverwaltung" vorgenommen. Dass das geltende katholische Archivgesetz in Deuschland sich zwar noch von jenem Archivverständnis beeinflusst, in seiner Terminologie jedoch wesentlich differenzierender erweist, darf als Fortschritt in der kirchlichen Archivwissenschaft bewertet werden.

    Von besonderer Bedeutung sind die 1976 festgelegten Aufbewahrungsfristen für verschiedene Schriftgutarten. Darin werden vier zeitlich unterschiedene Gruppen definiert, die fünf, zehn und fünfzig Jahre umfassen. Die vierte, "sonstige" Gruppe nennt im Wesentlichen die Unterlagen, für die eine Einjahresfrist gilt.

    Aus der Hauptkommission, die 1976 zur Fachkommission geworden war, ging am 29. August 1983 die "Bundeskonferenz der kirchlichen Archive in Deutschland" hervor. In ihrer Satzung (§ 2 Nr. 5) verpflichtete sie sich zur Vorbereitung rechtsetzender Maßnahmen:

    "Die Bundeskonferenz erarbeitet im Rahmen der kirchlichen Bestimmungen über das Archivwesen Entwürfe von Ordnungen zur Erhaltung und Verwaltung der kirchlichen Archive in Deutschland. [...] Soweit dieselben sich auf Ordensarchive beziehen, werden sie den Vereinigungen der Orden zugeleitet."

    Auf der Tagung der Bundeskonferenz in Köln 1984 rückte das Problem der Sperrfristen für Archivgut in den Vordergrund. Ausgelöst worden war die Diskussion durch die "ungleichmäßige Handhabung des Zugangs zu jüngeren Akten in den einzelnen Bistumsarchiven bzw. bei den überdiözesanen Einrichtungen und den Verbänden" anlässlich eines Projekts zur Erforschung des Vaticanum II. Der Vorschlag einer allgemeinen 30-jährigen Sperrfrist mit besonderen Regelungen für persönliche Nachlässe, Personalakten und bischöfliche Handakten erschien einigermaßen akzeptabel. Um eine Benützungs- und Archivordnung zu erarbeiten, wurde eine Kommission, bestehend aus Prälat August Leidl (Passau), Monsignore Paul Mai (Regensburg) und Archivdirektor Toni Diederich (Köln), eingesetzt.

    Mit der Diskussion über die Sperrfristenproblematik, mit dem ins Spiel gebrachten Begriff eines "Archivschutzgesetzes", mit den Verhandlungen mit dem kirchlichen Datenschutzbeauftragten bezüglich einer Archivklausel in den kirchlichen Datenschutzbestimmungen machte sich eine gesellschaftliche Strömung bemerkbar, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1983 zum Volkszählungsgesetz ihre öffentliche Artikulation unter der Bezeichnung "informationelles Selbstbestimmungsrecht" gefunden hatte. Die Verwaltung der staatlichen Archive musste infolge des höchstgerichtlichen Urteils durch formelle Gesetze neu geregelt werden, um den Ansprüchen und Rechten der Bürger eines demokratisch legitimierten Gemeinwesens gerecht zu werden. Ganz signifikant schreibt Toni Diederich über die Vorbereitungsphase einer kirchlichen Archivanordnung: "Die gleichzeitige Diskussion des Bundesarchivgesetzes und der Entwürfe zu Archivgesetzen einzelner Bundesländer bildeten einen guten Orientierungsrahmen." Auf der Bundeskonferenz vom 6. bis 7. Mai 1985 in Augsburg wurde ein Entwurf für eine Archivordnung vorgelegt. Ihm waren Diskussionen in den Provinzkonferenzen sowie auf dem Internationalen Archivkongress in Bonn und die Konsultation von Juristen vorangegangen. Der 1985 vorliegende redigierte Entwurf wurde von der Bundeskonferenz hauptsächlich hinsichtlich der Einbeziehung pädagogischer und publizistischer Nutzung von Archivgut sowie hinsichtlich der Öffnung der NS-Akten konträr erörtert. Die Mehrheit der Kirchenarchivare vertrat dazu die Ansicht, pädagogische und publizistische Nutzungen seien sinnvolle Archivzwecke und bereits faktisch etabliert. Die Sperrung der NS-Akten sei "nicht mehr möglich, da die Bestände ja in vielen Fällen geöffnet" seien. Im Übrigen sei damit zu rechnen, dass hier Material ans Licht gebracht werde, das dem Ansehen der Kirche förderlich sein könne, wie es auch die Öffnung der Archive an sich nur sein könne. Die ausdrückliche Verknüpfung des publizistischen Nutzungszwecks mit dem Vorliegen eines berechtigten Interesses an der Archivaliennutzung wurde schließlich unterlassen, so daß von den beiden diskutierten Nutzungszwecken nur der pädagogische in den Kreis der in § 6 Abs. 1 Satz 2 ArchivOO genannten Aufnahme fand. Hinsichtlich der Einbeziehung der Registraturen in die Archivordnung wurde klargestellt, dass eine vorgesehene Aufgabenbeschreibung nur die Situation darstellen solle, "auf der die archivische Arbeit aufbauen muss." Der Entwurf wurde angenommen und der Zentralstelle Bildung der Deutschen Bischofskonferenz vorgelegt. Nach einer ersten Erörterung hielt man sie dort für eine "brauchbare Grundlage für die weitere Beratung und Beschlussfassung in den zuständigen kirchlichen Gremien". Nach einigen weiteren Änderungen verabschiedete die Deutsche Bischofskonferenz auf ihrer Herbstvollversammlung vom 19. bis 22. September 1988 die "Anordnung über die Sicherung und Nutzung der Archive der Katholischen Kirche".

    Generalsekretär P. Siepen folgte in seinem Rundschreiben an die Ordensobern vom 24. Februar 1989 der Empfehlung von Toni Diederich, "in Zweifelsfällen nach Sinn und Inhalt der ‘Anordnung’ zu verfahren." Der neue Generalsekretär, P. Wolfgang Schumacher OCarm, leitete das Verfahren ein, die Anordnung in adaptierter Form für die Orden in Kraft zu setzen. Am 6. Dezember 1989 konnte der Entwurf an Toni Diederich zum Gegenlesen übersandt werden. Bereits sechs Tage später wurde der durchgesehene Entwurf den Mitgliedern der VDO mit dem Rundschreiben Nr. 589 zugeleitet. Die Mitgliederversammlung nahm ihn am 26. Juni 1990 einstimmig an und empfahl damit die Inkraftsetzung der "Anordnung über die Sicherung und Nutzung der Archive der Ordensinstitute, Säkularinstitute und Gesellschaften des gottgeweihten Lebens in der Katholischen Kirche der Bundesrepublik Deutschland" durch die Äbte und Provinziale für ihren jeweiligen Jurisdiktionsbereich.

    Für das Generalsekretariat der Vereinigung Deutscher Ordensobern und des Deutschen Katholischen Missionsrats und sein Archiv hat die Ordens-Archivanordnung den Rang einer archivrechtlichen Richtlinie, an der es sich in archivischen Belangen orientiert.

     

    2. Die Archivbenützungsordnung (ArchivBO) der VDO

    Auf der Grundlage der "Anordnung über die Sicherung und Nutzung der Archive der Ordensinstitute, Säkularinstitute und Gesellschaften des gottgeweihten Lebens in der Katholischen Kirche der Bundesrepublik Deutschland" (im Folgenden: ArchivOO) vom 26. Juni 1990 erließ Generalsekretär P. Wolfgang Schumacher O.Carm. mit Billigung des Vorstands der VDO die "Anweisung zur Benützung des Archivs der Vereinigung Deutscher Ordensobern und des Deutschen Katholischen Missionsrats", die am 1. März 2001 in Kraft trat. Zugleich wurde eine Gebührenordnung wirksam. Die erlassene Benützungsordnung erfüllt die Forderung von § 6 Abs. 5 ArchivOO, wonach weitere Einzelheiten der Nutzung "durch entsprechende Ordnungen der Archive geregelt" werden. Die Benützungordnung für das VDO-Archiv orientiert sich an der Archivbenützungsordnung für die staatlichen Archive Bayerns vom 16. Januar 1990. Den Kern bilden die Abschnitte zum Allgemeinen und zur Benützung. Der Abschnitt "Gebühren" ist weitgehend in die gesonderte Gebührenordnung ausgegliedert.

    In § 1 wird der Geltungsbereich der Archivbenützungsordnung definiert. Leicht kann in der Praxis übersehen werden, dass insbesondere die Bestimmungen zum Datenschutz auch für die Verwendung von archivischen Findmitteln anzuwenden sind, was häufig die Notwendigkeit mit sich bringt, für den öffentlichen Nutzergebrauch ein anderes Findmittel als für den dienstlichen Gebrauch bereitzustellen. Aus diesem Grund ist in § 1 Abs. 3 eigens auf den rechtlichen Charakter von archivischen Findmitteln, sonstigen Hilfsmitteln und Reproduktionen hingewiesen.

    In § 2 wird der Begriff des Archivguts auf der Grundlage des Unterlagenbegriffs von § 3 Abs. 1 Satz 2 ArchivOO genauer bestimmt. Nach § 3 Abs. 5 Satz 2 ArchivOO wird amtliches Schrift- und Dokumentationsgut mit der Übernahme ins Archiv zu Archivgut. Der Archivgutcharakter von Sammlungsgut und Nachlässen ist dabei nicht geregelt. Dies geschieht durch § 2 Abs. 1 Satz 2 der Archivbenützungsordnung. In § 2 Abs. 2 ArchivBO wird der Begriff der Archivwürdigkeit bestimmt. Die Archivanordnung legt dem Archiv in § 3 Abs. 5 die Bewertungskompetenz bei. Die vorgesehene Anhörung der abgebenden Stelle ist als votum consultativum zu verstehen. Kriterien für die archivische Bewertung werden in der Archivanordnung nicht formuliert. Wichtig ist § 3 Abs. 4 ArchivOO, wonach Unterlagen, die vernichtet oder gelöscht werden dürfen, zunächst dem Archiv anzubieten sind. Dies gilt nicht, wenn eine gesetzliche Löschungspflicht für die anbietende Stelle besteht. Die in § 2 Abs. 2 ArchivBO formulierten Bewertungskriterien erfüllen die Anforderungen der Archivwissenschaft an eine sinnvolle Bewertungspraxis. Die Betonung liegt dabei auf dem bleibenden Wert. Zum Kriterium der Rechtssicherheit ist zu bemerken, dass es hier nicht nur um die Sicherung von Rechtstiteln (z.B. Urkunden, Verträge) geht, sondern auch das vorausgehende Verwaltungshandeln als zu verantwortende Amtstätigkeit durch Bewertungsentscheidungen transparent zu machen ist. Schlagworte aus dem politischen Tagesgeschehen, die die Notwendigkeit einer solchen Bewertung belegen, sind die Affären um die "Leuna-Akten" und die "Kanzleramtsakten". Die Definition der Archivreife in § 2 Abs. 3 ArchivBO entspricht im Wesentlichen der von § 3 Abs. 3 ArchivOO. Eingefügt wurde ein zeitlicher Rahmen von mindestens fünf und maximal dreißig Jahren, die vom Aktenschluss bis zur Anbietung an das Archiv verstreichen sollen. Der Begriff der Archivierung findet seine Abgrenzung in § 2 Abs. 4 ArchivBO. Demnach umfasst Archivierung "die Aufgabe, das Archivgut zu erfassen, zu übernehmen, auf Dauer zu verwahren und zu sichern, zu erhalten, zu erschließen und nutzbar zu machen." In der Archivwissenschaft versteht man unter "Erschließung" die Ordnung und Verzeichnung der Archivalien. Es ist unklar, was § 3 Abs. 5 Satz 3 ArchivOO meint, wenn nebeneinander die Begriffe "Ordnung", "Verzeichnung" und "Erschließung" stehen. Das Nutzbarmachungsgebot umfasst die Verpflichtung zur Findmittelbereitstellung für die Öffentlichkeit. Es ist bereits in § 3 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 ArchivOO formuliert. Dort wird es explizit auf die Nutzung durch die Verwaltung und die Forschung beschränkt. Der Begriff der "Forschung" muss in diesem Zusammenhang sehr weit aufgefasst werden, um nicht mit der Definition des berechtigten Nutzungsinteresses in § 6 Abs. 1 ArchivOO zu kollidieren. Die Formulierung eines allgemeinen Nutzbarmachungsgebots in der Benützungsordnung des VDO-Archivs folgt daher dem Sinn der Archivanordnung.

    Der mit "Abgrenzung zu sonstigen Rechten" überschriebene § 3 ArchivBO fasst die hierzu getroffenen Regelungen der Archivanordnung (§ 3 Abs. 4 Satz 1, § 6 Abs. 4) zusammen. Zu betonen bleibt, dass Ansprüche und Verpflichtungen aus dem Urheberrecht nicht nur vom Benützer, sondern auch vom Archiv beachtet werden müssen.

    Abschnitt II, der die Fragen der Benützung regelt, beginnt mit der Bestimmung des benützungsberechtigten Personenkreises. Da das Archiv der Vereinigung Deutscher Ordensobern und des Deutschen Katholischen Missionsrats keine organisatorische Selbstständigkeit besitzt, sondern als Teil des Generalsekretariats gleichsam Behördenarchiv ist, erübrigt sich die Bestimmung von § 4 ArchivOO über die Nutzung von Archivgut durch abliefernde Stellen. Ob amtliche Nachlasser als abliefernde Stellen im Sinn von § 4 ArchivOO bezeichnet werden können, darf bezweifelt werden. Bei der Formulierung von § 4 Abs. 1 ArchivBO wurde besonderer Wert darauf gelegt, dass deutlich wird, dass im Konfliktfall die Interessen des Archivträgers gegenüber einem berechtigten Interesse an der Archivaliennutzung überwiegen. Sinngemäße Aussagen finden sich verstreut in § 1 Abs. 2 Satz 2 (Selbstentpflichtung), § 5 Abs. 2 Satz 2 (Benützung durch Betroffene) und § 8 Abs. 4 (Sperrfristverlängerung) der Archivanordnung. Die Einschränkung der Benützung auf Fälle, in denen der VDO oder dem DKMR "kein Nachteil erwächst", und das Voraussetzen eines berechtigten Interesses an der Nutzung bei Mitgliedern der VDO und des DKMR (§ 4 Abs. 1 Satz 2) führen nicht dazu, dass das Generalsekretariat von einer Nachteilsprüfung bei Benützungsanträgen von Mitgliedern entbunden ist. Auch bei diesem Nutzerkreis ist eine Entscheidung über die Benützungsgenehmigung nicht vorgegeben. Hinsichtlich der Benützung des Archivs durch Minderjährige (§ 4 Abs. 2 ArchivBO) ist bislang ungeklärt, ob für die Bestimmung der Volljährigkeit die Regelungen des staatlichen oder kanonischen Rechts angewandt werden sollen. Im Hinblick auf die datenschutzrechtliche Relevanz archivrechtlicher Bestimmungen und archivischer Benützung ist der Volljährigkeit mit Vollendung des 18. Lebensjahrs gleichwohl der Vorzug zu geben. Paragraph 4 Absatz 3 ArchivBO ist enger gefasst als die diesbezüglichen Darlegungen der Archivanordnung. Demnach ist ein berechtigtes Interesse für das Generalsekretariat nur dann gegeben, "wenn die Benützung zu amtlichen, wissenschaftlichen, rechtlichen, seelsorglichen oder unterrichtlichen Zwecken oder zur Wahrnehmung berechtigter persönlicher Belange dient." Eine Nutzung zu heimatgeschichtlichen Zwecken im Sinn von § 6 Abs. 1 Satz 2 ArchivOO ist im hiesigen Archiv nicht zu erwarten. Eine Nutzung zu familiengeschichtlichen Zwecken begründet nach § 6 Abs. 1 Satz 2 ArchivOO zwar ein berechtigtes Interesse, wird aber vom hiesigen Archiv nicht favorisiert und daher in der Benützungsordnung nicht erwähnt.

    In § 5 ist das Antragsverfahren zur Archivbenützung geregelt. Im Rahmen von § 6 (Benützungsgenehmigung) sind u.a. die Tatbestände aufgeführt, die zur Versagung der Benützungsgenehmigung oder zu Auflagen führen müssen (Abs. 2) oder führen können (Abs. 3).

    Die Bestimmung bezüglich Sondergenehmigungen in § 9 ArchivOO erfährt ihre Ausgestaltung in § 7 (Verkürzung und Verlängerung von Schutz- und Sperrfristen) ArchivBO. Der Antrag dazu ist beim Generalsekretär in schriftlicher Form einzureichen. Bei personenbezogenem Archivgut ist vom Antragsteller "die Einwilligung des Betroffenen beizubringen oder nachzuweisen, dass die Benützung zur Erreichung des beabsichtigten wissenschaftlichen Zwecks, zur Behebung einer bestehenden Beweisnot oder aus sonstigen, im überwiegenden Interesse der abgebenden Stelle oder eines Dritten liegenden Gründen unerlässlich ist." (§ 7 Abs. 1 ArchivBO). Der Ablauf von Schutzfristen für personenbezogenes Archivgut gilt als Einwilligung des zunächst Betroffenen. Ob Rechtsnachfolger ebenfalls als Betroffene anzusehen sind, ist im Einzelfall zu klären. Grundsätzlich ist zu beachten, dass Schutzfristen auf Grund personenbezogener Daten keine absoluten Fristen sind, und im Prinzip jeder Einzelfall dahingehend zu prüfen ist, ob auf Grund berechtigter Interessen Betroffener eine Schutzfristverlängerung nach den Grundsätzen des Bundesdatenschutzgesetzes, das als allgemeine Rechtsvorschrift der kirchlichen Archivanordnung subsidiär folgt, geboten ist. Die Definition von personenbezogenem Archivgut ist im gesamten deutschen Archivrecht nicht eindeutig geregelt. Eine Legaldefinition des Begriffs existiert bislang nicht. Fraglich ist letztlich, ob ein Akt, in dem sich ein, mehrere oder überwiegend personenbezogene Aktenstücke befinden, in gleicher Weise wie ein im Ganzen personenbezogen angelegter oder zumindest so zu charakterisierender Gesamtakt behandelt werden soll. Die ausschließliche Bezugnahme von § 9 Abs. 1 ArchivOO auf die wissenschaftliche Forschung, deren Vertretern hier "in begründeten Ausnahmefällen eine Sondergenehmigung zur Nutzung von Archivgut erteilt werden" kann, das noch gesperrt ist, darf nicht als Ausschlusstatbestand für andere Nutzungsanliegen missverstanden werden. Ein Ausschluss etwa im Fall der Beweisnot nur Beteiligter (nicht Betroffener) von der Nutzung kann hier nicht beabsichtigt worden sein. Insofern kollidiert diese Bestimmung nicht mit § 7 Abs. 1 ArchivBO.

    Nach Benützungsart und -ort in § 8 finden sich in § 9 ArchivBO Bestimmungen über anzufertigende Reproduktionen von Archivgut. Die Versendung von Archivgut, die grundsätzlich nicht empfohlen werden kann, ist dennoch als Möglichkeit vorgesehen. Die Bedingungen hierfür sind in § 10 geregelt. Zur Abgabe eines kostenlosen Belgeexemplars jeder Veröffentlichung, "die unter Verwendung von Archivgut des Archivs der Vereinigung Deutscher Ordensobern und des Deutschen Katholischen Missionsrats angefertigt worden ist", wird der Benützer in § 11 verpflichtet. Die Paragraphen 12 und 13 verweisen auf die Archivgebührenordnung, § 14 regelt das Inkrafttreten der Anweisung.

    Von Benützungsgebühren befreit sind Stellen und Mitglieder der VDO und des DKMR, Nutzungsvorhaben wissenschaftlicher, seelsorglicher oder unterrichtlicher Art sowie die Nutzung "durch Einrichtungen der katholischen Kirche, der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Bayern sowie durch staatliche und kommunale Stellen" (§ 3 Archivgebührenordnung). Bei den drei letzteren hat die Benützung in eigener Sache bei Gewährung von Gegenseitigkeit zu erfolgen, um die Gebührenbefreiung in Anspruch nehmen zu können. Im Übrigen entspricht die Gebührenordnung der für das Archiv des Erzbistums Bamberg.

     

    Archivbenützungsordnung Text