Ordensgemeinschaften in Deutschland

Kolumne: "Herr, wir möchten Jesus sehen!"

„Herr, wir möchten Jesus sehen!“ mit dieser Bitte kamen einige Griechen, so wird heute (am 17. März) im Evangelium erzählt, zu Philippus, von dem ausdrücklich vermerkt wird, dass er aus Galiläa stammte. Diese frommen Heiden unter den Festpilgern spürten offenbar, dass Philippus durch seine Diasporaerfahrung für sie etwas nahbarer war als die Jünger, die im Dunstkreis des Tempels aufgewachsen waren.

Ein Grieche war es wohl nicht, der mir am Bahnhof Zoo in Berlin Ende des vergangenen Jahres eine ähnliche Frage stellte. Seine Heimat war aber sicher ein südlicheres Land. Er war dick vermummt mit Schal und Kapuze und es war ihm sichtlich zu kalt.

Auf den Zug wartend, saß ich am Bahnsteig als er auf mich zukam. Er grüßte und sagte gute Wünsche für den Jahreswechsel. Durch meine freundliche Erwiderung fasste er offensichtlich Mut, hockte sich vor mich hin und sagte: „Darf ich Sie etwas fragen?“  ich nickte zustimmend.

Die Frage, die er dann stellte, hat mich dann sehr überrascht und sie war mir so noch nie gestellt worden.  „Jesus, der war doch ein Prophet?“ Das Fragezeichen hinter seinen Worten war unüberhörbar und sein Tonfall ließ ahnen, dass es für ihn mehr war als eine reine Wissensfrage.

Noch größer war dann aber meine Überraschung über seine Reaktion auf meine Antwort.  „ich weiß“, sagte ich zu ihm, „es gibt viele Menschen, die so denken. Ich bin aber davon überzeugt und glaube es, dass Jesus Gott ist, Gottes Sohn.“ Das Leuchten, dass daraufhin auf seinem Gesicht aufstrahlte, werde ich nie vergessen. Voller Begeisterung und Freude sprang er auf und wiederholte immer wieder: „Gott! Wirklich Gott! Jesus ist Gott! Jesus ist Gott“! Ganz entzückt küsste er seine Fingerspitzen und bis er die Rolltreppe erreichte, hörte ich seine frohen Rufe.

Ob er ein zweifelnder Christ war oder ein verunsicherter Moslem? Beides ist denkbar. Auf jeden Fall habe ich mit meinen Worten die Hoffnung und die Erwartung, die er vielleicht schon lange mit der Person Jesu verband, bestätigt und das hat ihn in diesem Moment restlos glücklich gemacht.

Die Erinnerung an diese Begegnung erfüllt mich immer neu mit Dankbarkeit. Ich durfte diesem fremden Gottsucher mit meiner Antwort helfen, Jesus besser und tiefer zu erkennen. Seine so temperamentvoll zum Ausdruck gebrachte Freude war und ist für mich aber auch eine Anfrage, wie es um meine Begeisterung für Jesus bestellt ist, der von sich gesagt hat, dass er allein der Weg, die Wahrheit und das Leben ist.

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Über die Autorin

Sr. M. Dominika Kinder CSSE ist Ordensmitglied der Schwestern v. d. hl. Elisabeth sowie päpstliche Kommissarin des Ursulinenklosters in Neustadt a. d. Dosse.

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