Ordensgemeinschaften in Deutschland

Kolumne: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. (Joh 14,6)

Im vergangenen Jahr war ich eingeladen, einige Wochen bei den Ottilianer Mitbrüdern in ihrem Kloster in Rabanal de Camino, Spanien mitzuleben. Viele Pilgerinnen und Pilger aus aller Welt zogen jeden Tag durch diesen Ort. Sie hatten sich auf einen wunderschönen und oft auch recht beschwerlichen Weg gemacht ohne vorher wissen zu können, was sie dabei erfahren werden. Das Ziel Santiago de Compostella war klar vor Augen – und das erwies sich immer dann als hilfreich, wenn es galt, durchzuhalten. Äußerlich trugen sie nur wenig Gepäck mit sich, alles andere wäre mehr und mehr zur Last geworden.

Der Camino übt etwas auf Menschen aus: Jeden Tag durfte ich Menschen begegnen, die sich selbst wieder spüren und nicht nur gelebt werden; die die Natur mit allen Sinnen und als kostenloses Geschenk erfahren. Manche begannen zu staunen und auch zaghaft nach Gott zu fragen, den sie auf ihrem Alltagsweg vergessen oder gar verloren hatten. Strahlende Gesichter gaben oft beredtes Zeugnis, wie es einzelnen erging trotz all der Strapazen, die der Weg auch bedeutet. Beim Nachmittagstee wuchsen Beziehungen durchs Erzählen vom Leben mit seinen Höhen und Tiefen. Immer wieder gingen einzelne in die Kirche und abends kamen viele zu Vesper und Komplet, das Wort Gottes sprach zu ihnen, der Pilgersegen war sehr begehrt. Dankbar waren viele, dass das Kirchengebäude geöffnet ist und dass Ordensleute da sind, zum Beten, zum Hören, zum Reden……

Für mich war das eine lebendige Erfahrung von Kirche. Es gelang, dass wir uns aus verschiedenen Kulturen begegneten und uns an der Vielfalt freuten. Es war möglich, uns über Glaubenserfahrungen und über ganz existenzielle Fragen auszutauschen. Gemeinsam zu beten gehörte irgendwie für viele auch dazu und war trotz sprachlicher Barrieren möglich. Es wuchs Vertrauen, sich auf den nächsten Schritt einzulassen.

Ich würde mir wünschen, dass wir manches davon auf unseren Alltag und auf unsere (synodalen) Wege in unserer Kirche übertragen könnten. Jesus zeigt sich als Weg, Wahrheit und Leben. BUON CAMINO!

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Über die Autorin

Sr. Ruth Schönenberger OSB ist Missions-Benediktinerin von Tutzing.

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