Ordensgemeinschaften in Deutschland

Kolumne: Miteinander Veränderung wagen

Im Orden – und sicher nicht nur bei uns Ursulinen - gab es zwei Sprüche, von denen einer immer passte: „Das haben wir immer so gemacht!“ oder: „Das haben wir noch nie gemacht!“ In der letzten Zeit habe ich sie selten gehört. Ist uns die „Stabilität“ verloren gegangen? Bei uns Ursulinen ist gerade sehr viel in Bewegung. Meist geht es darum, einen Konvent auf dem letzten Wegstück zu begleiten, manchmal auch um die Frage, wie es weitergeht für die wenigen Jüngeren. Das alles beunruhigt uns eigentlich nicht. Ob es an dem Satz liegt, den uns unsere Gründerin Angela Merici mitgegeben hat?

„Und wenn es sich gemäß den Zeiten und Bedürfnissen ergeben sollte, etwas neu zu ordnen oder etwas anders zu machen, tut es klug und nach guter Beratung.“

~ Angela Merici, Letztes Vermächtnis

Um mich herum erlebe ich die Welt zur Zeit ganz anders: aufgeregt und verunsichert. Worauf kann man sich noch verlassen? Was gilt auch morgen noch? Die alten Säulen tragen nicht mehr. Das gilt leider auch für die Kirche. Zuviel Veränderung macht Angst. Und Angst macht aggressiv. Wir erleben gerade, wie (fast) jeder gegen jeden kämpft, meist verbal, zu oft aber auch brutal verletzend.

Den meisten Zeitgenossen ist klar, dass sich vieles ändern muss: Wir sind in vielen Bereichen am Limit, nicht nur wegen der Klimaveränderungen. Umso schlimmer, wenn parteipolitische und nationalstaatliche Motive bestimmend werden, wenn wir einander die Hierseins- oder gar die Existenzberechtigung absprechen. Manchmal finde ich es zum Verzweifeln.

Die Epoche, in der Angela Merici lebte, war nicht viel anders als unsere. Trotzdem hat sie damals den Mut gehabt, eine neue Gemeinschaft zu gründen, in der Frauen zu einem selbstbestimmten Leben finden konnten. Das war ein kleiner Schritt, aber er hat in der Geschichte viel bewirkt. Das sollte uns ermutigen, auch heute in unserem Umfeld zu tun, was nötig ist, was Not wendet? „Wenn es sich gemäß den Zeiten und Bedürfnissen ergeben sollte, etwas neu zu ordnen oder etwas anders zu machen, tut es klug und nach guter Beratung.“ Die Not ist groß, brauchen wir also noch Klugheit und ein vertrauensvolles Miteinander.

Übersicht aller wöchentlichen Kolumnen

Über die Autorin

Sr. Brigitte Werr OSU ist Assistentin der Föderationsleitung der deutschsprachigen Ursulinen sowie delegierte Oberin des Ursulinenkonvents St. Joseph Geisenheim.

Hier geht es zur Homepage der Föderation der deutschsprachigen Ursulinen