Ordensgemeinschaften in Deutschland

Der barmherzige Vater und sein reuiger Sohn (Lk 15, 11-32)

Was zählt, ist nicht die Menge der guten Leistungen, sondern die Treue zu Gott.

Er kommt endlich zurück, der verloren geglaubte Sohn. Sein Leben war ziemlich verpfuscht, jetzt überkommt ihn die Reue und die Sehnsucht nach seinem Elternhaus.

Was macht der Vater? Er schmeißt ihn nicht raus; er schimpft nicht; er moralisiert nicht. Er macht das völlig Unerwartete: ein Fest. 

Bruderherz, der immer zu Hause blieb und brav seinen Pflichten nachkam, ist sauer. Er hat das Gefühl, zu kurz zu kommen und wird eifersüchtig. Er wirft seinem Vater vor, ihn nicht so üppig behandelt zu haben, obwohl er doch immer alles hatte. Hier nagt der Neid, gepaart mit einer Brise Moralismus. Man nennt es Missgunst. 

Jesus macht hier deutlich, dass unser Denken falsch liegt, wenn wir meinen, unsere Gesetzestreue und Bravheit müsse höher belohnt werden als die reuige Umkehr eines Sünders. Darin liegt der Irrtum mancher frommer Menschen; man nennt es Selbstgerechtigkeit.

Gott ist gerecht und barmherzig zugleich. Diesen Spagat schaffen wir nicht. Es ist eine äußerst noble Geste Gottes, wenn er zwischen denen, die von Anfang an treu sind und denen, die erst am Lebensende zur Einsicht kommen, nicht unterscheidet. Alle erhalten dasselbe Geschenk. 

Was zählt, ist nicht die Menge der guten Leistungen, sondern die Treue zu Gott.

Über den Autor

P. Dr. Jörg Müller SAC ist Pallottinerpater und Psychotherapeut.

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