Zugegeben: Zwischen CNN, Fox News und Donalds Trumps Twitterkanal habe ich im Anschluss an den Wahltag in den USA einiges an Zeit verloren. Der Wahlkrimi hat mich in den Bann gezogen, zumal ich vor Jahren für einige Monate in Washington studiert habe und mit etlichen Brüdern immer noch in guter Verbindung stehe. Donald Trump ist hierzulande wohl eher angeeckt – und so herrscht eine gewisse Erleichterung über die Wahl Joe Bidens, auch wenn die vermutlich noch einige Tage braucht, bis sie juristisch in trockenen Tüchern ist.
Was mich schon lange wundert: Viele Amerikaner, auch mit mir befreundete Brüder, sehen Donald Trump deutlich weniger negativ. Und gegen Joe Biden gibt es nicht nur wegen seines Alters und seiner Zugehörigkeit zum politischen Establishment einiges an Vorbehalten. Der Präsident habe in den vergangenen vier Jahren schon einiges Gute erreicht, so erzählt mir ein Mitbruder aus Chicago, der deswegen zwar noch lange kein Trump-Fan geworden ist, aber wohl etwas sieht, was mir hier in Europa nicht wirklich einsichtig geworden ist.
Denn mich hat vor allem Trumps Anstandslosigkeit in den vergangenen Jahren gestört – und wie er damit immer wieder „durchgekommen“ ist. Stil und Werte haben sich verschoben. Und das wird mit einem neuen Präsidenten gewiss nicht von heute auf morgen wieder „gut“.Und in meinem Sinnieren über Präsident Trumps unmöglichen Stil bekam ich beim Schreiben dieser Zeilen einen Anruf. Jemand hat sich erbost und enttäuscht über meinen Stil und den Umgang meiner Ordensgemeinschaft mit ihm echauffiert. Gewiss nicht ganz zu Unrecht. Es hat weh getan, diese Kritik anzuhören. Aber sie hat mich auch zurück auf den Boden alt bekannter Tatsachen gebracht: Über den Stil Anderer habe ich mich schnell aufgeregt – und am eigenen Anstand wohl ein Leben lang zu arbeiten. Herr Trump hat mich in den letzten vier Jahren immer wieder daran erinnert. Wie es scheint, muss ich jetzt wieder mehr selbst dran denken…