Ordensgemeinschaften in Deutschland

Gib mir zu trinken!

So bittet Jesus eine Frau, die an den Brunnen kommt.

Wie oft wird die Frau diesen Weg schon gegangen sein und mit welchen Gedanken und Gefühlen wird sie dieses Mal angekommen sein sein? Darüber erfahren wir nichts. Aber es reicht ja auch der Grund, den wir wissen, nämlich Wasser zu schöpfen, lebensnotwendiges Wasser. Von Jesus wird gesagt, dass er von Judäa nach Galiläa unterwegs war und, dass er müde von der Reise war und sich an den Brunnen setzte.

Die Samariterin wird dieser Mann am Brunnen überrascht und verunsichert haben. Aber noch viel mehr werden die Worte Jesu sie schier überfallen haben, wenn er sagt: Gib mir zu trinken! Sie wusste, dass er Jude war und fragte zurück. „Wie kannst du als Jude mich, eine Samariterin, um etwas zu trinken bitten?“

Das finde ich schon erstaunlich. Hat die Frau in der Bitte Jesu etwas geahnt von der Wertschätzung und der menschlichen Bejahung, der Annahme ohne Vorurteile, dass sie den Mut hatte, zurück zu fragen? Oder was hat die Brücke gebaut?

Wir alle kennen, wie der Dialog weiter ging und wie Grenzen aufgehoben wurden in dieser Begegnung, Jesus bittet um Wasser. Ja, weil er Durst hat, aber noch viel mehr.

In dieser beginnenden Karwoche ist uns sein Ruf vom Kreuz: „Mich düstet“ näher als die Szene am Brunnen. Und doch sehe ich in dem „Gib mir zu trinken“ und dem „Mich dürstet“ die zwei Pfeiler einer Brücke. Als Mensch und Sohn Gottes war er und ist er für uns der Erlöser, Retter, der alle an sich ziehen möchte. Und, er ist zur Quelle geworden und zu einem Brunnen, an den unzählige Menschen kamen und  kommen. Das: „Mich dürstet“, und das „Gib mir zu trinken“ beinhalten im übertragenen Sinn viele Themen. Vor allem aber ist der Perspektivenwechsel, den Jesus hier vollzieht, die Brücke schlechthin, die Barrieren und Grenzen überwindet.

Ich bin überzeugt, dass uns in der Kirche, in unseren Ordensgemeinschaften und im persönlichen Leben viel mehr weiterhilft, wenn wir unsere Perspektive verändern, als wenn wir fragen: Was geht und was ist erlaubt?

Über die Autorin

Sr. Rosa Maria Dick ist Generaloberin bei der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul.

Hier geht es zur Homepage der der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul