Kolumne: Augustinus von Hippo - geistliche Freundschaft
Was sind heute eigentlich Tertiaren? – Dieser Frage widmeten sich in diesem Sommer über vierzig VertreterInnen, Männer und Frauen aus den Tertiaren-Gemeinschaften des Prämonstratenserordens aus aller Welt bei einem spannenden internationalen Treffen in Magdeburg. Die allermeisten Prämonstratenser-Klöster kennen Tertiaren-Gemeinschaften, die sich mit ihnen geistlich und freundschaftlich verbunden wissen. Sie bilden eigene Gemeinschaften „in der Welt“, also außerhalb der eigentlichen Kloster- oder Ordensgemeinschaft, arbeiten in verschiedensten Berufen, sind verheiratet oder Single, unter ihnen gibt es auch einzelne Diakone und Priester. Je nach den geographischen Gegebenheiten treffen sie sich regelmäßig, manche sind unmittelbar in die Klostergemeinschaft und deren Leben und Aktivitäten miteinbezogen, andere wieder haben ganz eigene Programme, inspiriert durch die Ordensgemeinschaft und ihre Ziele. Je nach Sprachraum und Selbstverständnis nennen sie sich Assoziierte, Partizipanten oder Tertiaren. In den bereichernden Gesprächen und Begegnungen in Magdeburg kam ein ganz wichtiger Gedanke aus dem reichen geistlichen Erbe des Heiligen Augustinus zur Sprache: die geistliche Freundschaft! Dieses Thema dürfte allen augustinischen Klostergemeinschaften vertraut sein, also allen, die, wie die Prämonstratenser auch, nach der Klosterregel des Heiligen Augustinus leben. „Das erste Ziel Eures gemeinsamen Lebens ist es, ein Herz und eine Seele zu sein auf Gott hin!“ Mit diesen Worten beginnt seine Klosterregel. „Nennt nichts Euer Eigentum, sondern alles gehöre Euch gemeinsam!“ „Ehrt in Euch gegenseitig Gott, dessen Tempel Ihr ja seid!“ „Stellt das Gemeinsame über das Eigene, nicht das Eigene über das Gemeinsame!“ „Ihr seid umso mehr vorangekommen, je mehr Ihr Euch um die gemeinsame Sache bemüht, als um Eure eigenen Interessen!“ Augustinus betont besonders die Unterschiedlichkeit der Brüder /Schwestern und die hohe Bedeutung gegenseitiger Rücksichtnahme. Schnell erschlossen sich bei unserem Treffen in Magdeburg alle im Gespräch das große Thema der geistlichen Freundschaft als die entscheidende Rahmensetzung für ihr Selbstverständnis als Tertiaren-Gemeinschaften und ihre Verbindung zum Orden. Berührend, in einer Zeit, in der man oft unter dem Eindruck steht, dass Christen, die miteinander ins Gespräch kommen wollten / sollten leider oft wenig Respekt und Wertschätzung gegenüber den Positionen und Meinungen anderer Christen zeigen. Was für ein großer Gewinn könnte es zum Beispiel für den synodalen Weg bedeuten, wenn alle sich beteiligen würden und ihr ganzes Bemühen in einem ersten Schritt schon dahin gehen würde, den anderen wirklich in seinen Anliegen verstehen zu wollen. Was für ein Segen könnte davon ausgehen! Am 28. August erinnert sich die Kirche an den großen Kirchenvater Augustinus von Hippo, den Gottsucher, den Mönch, den Priester, den Lehrer, den Bischof, den Heiligen. Das ist doch ein guter Anlass, sich, auch persönlich, neu der Frage zu stellen, wie weit ich, wie weit wir uns tatsächlich in unseren Gemeinschaften, in unseren Gemeinden, in unseren Bistümern, in unserer Kirche, und auch mit allen Christen in geistlicher Freundschaft verbunden wissen? In Magdeburg hat uns diese Frage weiter gebracht und es sind neue Freundschaften entstanden, mitten in den Ökumenischen Höfen, dem ehemaligen Augustiner-Kloster mit dem Luther-Turm, der Petri-Kirche und der Baustelle des neuen Prämonstratenser-Klosters.