Ordensgemeinschaften in Deutschland

Kolumne: Von Macht und Duldekraft

„Gott stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.“ Dieser Erfahrung Marias haben wir alle schon tausendfach zugestimmt. Damit es nicht beim Lippenbekenntnis bleibt, sollten wir uns der Frage stellen, was zu tun ist, damit sich die Erfahrung Marias auch in unserer Welt zeigt.  

Zwei Optionen bieten sich an: wir unterstützen mit allen Kräften das Werk Gottes zum Sturz der Mächtigen oder wir tun alles, um nicht zu den Mächtigen zu gehören.

Beide Verfahren wurden von den Betern des Magnifikat im Laufe der Kirchengeschichte angewandt.

Für das erstere stehen z. B. Investiturstreit und Kreuzzüge in vergangenen Zeiten. Und es ist wohl nicht zu leugnen, dass es auch heute innerhalb der Kirche eine gewisse Begeisterung für diesen Verfahrensweg gibt. Für das Bemühen, nicht zu den Mächtigen zu gehören, stehen neben vielen anderen in besonderer Weise der hl. Franziskus, Elisabeth von Thüringen, Charles de Foucauld.

Um Mächtige stürzen zu können, muss man noch größere Macht haben als sie. Jeder Erfolg auf diesem Weg (und man kann da kurzfristig sehr erfolgreich sein) setzt aber automatisch eine sich steigernde Gewaltspirale in Gang. Von den Mächtigen unserer Zeit wird uns das gerade sehr klar vor Augen geführt.

„Bei euch aber soll das nicht so sein!“ hat Jesus gesagt und damit eindeutig dem zweiten Weg den Vorzug gegeben. Er kann das von seinen Jüngerinnen und Jüngern erwarten, weil er dafür das beste Beispiel und Vorbild war. Er hat sich total entäußert, wie wir in dieser Woche am Fest Kreuzerhöhung gehört haben.

Sich für Machtlosigkeit zu entscheiden und sich mit den Ohnmächtigen zu solidarisieren, ist eine große Herausforderung. Sie darf das eigene Handeln zu Gunsten der Schwachen nicht ausbremsen, muss aber damit leben, dass der Mächtige - solange Gott nicht selbst eingreift - seine oft sehr böse Macht weiterhin gegen die Unschuldigen auslebt. Das zu akzeptieren fällt nicht leicht und gelingt wohl nur mit dem Blick auf den Gekreuzigten. Um an Gott nicht irre zu werden, braucht es „Duldekraft“, wie es neulich einer meiner Freunde formulierte, und die Hoffnung auf den Tag an dem jede Träne abgewischt wird. Nicht nur am Fest Kreuzerhöhung sollten wir daher Gott um die Gabe der „Duldekraft“ und um eine lebendige Hoffnung bitten.  

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Über die Autorin

Sr. M. Dominika Kinder CSSE ist Provinzoberin der Schwestern v. d. hl. Elisabeth

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