Kolumne: Und sie bewegt sich doch
Und sie bewegt sich doch - diesen Satz soll Galileo Galilei gesagt haben nach seiner Verurteilung durch die Inquisition. Gemeint war die Erde, die sich seiner Auffassung nach um die Sonne dreht. Diese Meinung hat sich durchgesetzt - gegen die Entscheidung der Inquisition, die gegenteiliger Ansicht war und die ihre Meinung mit einem Richterspruch durchsetzen wollte.
Und sie bewegt sich doch – diesen Satz könnte man auf die Kirche beziehen angesichts der jüngsten Entscheidung der Glaubenskongregation „Fiducia supplicans“. Wieder einmal hat der Hl. Stuhl in einer Frage eine Kehrtwende vollzogen, die vor nicht allzu langer Zeit noch „endgültig“ entschieden worden war. Und wieder kommt es zu unterschiedlichen Bewertungen innerhalb der Kirche: Einzelne Bischofskonferenzen äußern sich zustimmend oder ablehnend; daran wird man sich gewöhnen müssen.
Die Kirche hat im Lauf der Geschichte ihre Antworten auf Fragen, die sich etwa bei der Spendung von Sakramenten stellten, immer wieder angepasst; es handelt sich also nicht um ein neuzeitliches Phänomen. Die Priesterweihe von unehelich geborenen Männern war lange nicht erlaubt, und auch wer eine körperliche Behinderung hatte, wurde nicht zur Weihe zugelassen. In beiden Fällen hatten Kandidaten eine Dispens zu erbitten für etwas, was sie nicht verschuldet hatten; heute müssen sie das nicht mehr. Und Frauen müssen bei der Trauung ihrem Mann nicht mehr Gehorsam geloben, wie noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein vorgeschrieben. Das Sakrament der Ehe geriet durch die Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht in Gefahr. Die Kirche hat neue Wertungen der Gesellschaft übernommen, mit einiger Verspätung manchmal, das sei hinzugefügt, aber sie hat sie nachgeholt.
Solche „nachgeholten Anpassungen“ können ruhiger werden lassen. Kirche ändert sich, zwar nicht so schnell, wie manche erhoffen oder für notwendig erachten, aber sie ändert sich. Das kann – in einer gewissen Weise – ein Trost sein.
