Ordensgemeinschaften in Deutschland

Genugtuung für Andechser Mönche

Urteil offenbart dubiose Geschäfte rund um Andechser Gastro-AG...

Das oberbayerische Benediktinerkloster Andechs hat am 12. März 2008 endgültig den Rechtsstreit gegen den früheren Geschäftspartner Rainer Staiger gewonnen. Jetzt liegt auch die schriftliche Urteilsbegründung vor. Auf den 29 Seiten fällt die Argumentation von Staiger gegen Abt Johannes Eckert wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Knapp vier Jahre nach der Insolvenz der Kloster Andechs Gastronomie AG wird damit dem Kloster und seinen Protagonisten nach den vielen Angriffen eine späte Rehabilitation zuteil. Das Oberlandesgericht (OLG) München stellte fest, dass Eckert als Aufsichtsratschef und Pater Korbinian Linsenmann als Vorstandsmitglied keine Schuld an der Insolvenz hatten. Statt dessen dürften sie ihr Kloster vor wirtschaftlichem Schaden bewahrt haben. Und auch so manche potenzielle Investoren bei Staigers geplanter Kapitalerhöhung müssten mindestens eine Kerze auf dem Heiligen Berg stiften. Denn die vorgesehene Ausgabe von Gastro-AG-Aktien zum 25 bis 40-fachen des Nennwerts hätte dazu geführt, dass das interessierte Publikum sich später über den inneren Wert des Papiers getäuscht gefühlt hätte, befand das OLG.

Staiger hatte dagegen immer argumentiert, der Abt und sein Mitbruder hätten ihre Pflichten in der AG mit zuletzt zehn Lokalen im Franchise-System verletzt, weil sie eine Beschlussfassung über eine Kapitalerhöhung verhindert hätten. Nur so hätte seiner Ansicht nach die Gesellschaft vor dem Zusammenbruch gerettet werden können. Im Urteil liest sich das anders. Eine drohende Insolvenz sei nie als Begründung für eine Kapitalerhöhung angeführt worden. Vielmehr hätte damit die Expansion finanziert werden sollen. Lokale in Freiburg und Hamburg waren geplant.

Im März 2004 hatte Staiger auf einer Aufsichtsratssitzung wissen lassen, dass keine Zahlungsunfähigkeit drohe. Für 2003 wurde zudem ein Jahresüberschuss von weit mehr als 150.000 Euro ausgewiesen. Schon am 7. August 2002 versicherte der Geschäftsmann dem früheren Abt Odilo Lechner, dass zwar erst ab 20 Standorten die Franchise-Gebühren die Kosten der Gesellschaft tragen würden. Doch durch Zusatzerträge aus Bauleistungen und Erschließungsgebühren werde «die Gesellschaft bereits ab dem Jahr 2002 planmäßig Gewinne erwirtschaften», heißt es in der Urteilsbegründung. Damit fehlten dem Aufsichtratsvorsitzenden «Anhaltspunkte für die Annahme einer drohenden Insolvenzgefahr».

Doch die Richter gingen noch weiter: Selbst wenn Staigers Darstellung gestimmt hätte, wäre die von ihm angestrebte Kapitalerhöhung als Ausweg «rechtlich nicht zulässig» gewesen. Die bloße Ausgabe neuer Aktien sei kein «schlüssiges Sanierungskonzept». Zudem habe Staiger Fragen zu einem Bilanzentwurf nicht ausreichend beantwortet und Einblick in die Geschäftsunterlagen verweigert. Das OLG liefert auch einen Grund für die eingetretene Zahlungsunfähigkeit, nämlich: den «Entzug von Liquidität durch ein Eigenfirmenkonstrukt von R. Staiger».

Schon 2004 wurde bekannt, dass der Ulmer Geschäftsmann mit dem eigenen Charterunternehmen zu Geschäftsterminen der AG flog und dies in Rechnung stellte. Das bestätigte er damals der Katholischen-Nachrichten-Agentur. Die «Independent Air» hat die selbe Adresse wie einst die Gastro-AG; die Immobilienfirma «Pro Invest» gehört nach wie vor zur Firmen-WG in der Ulmer Wagnerstraße. Und dort sitzt auch die Nemesis Prozess Limited.

Die in England gegründete und nach der griechischen Göttin für gerechte Vergeltung benannte Firma hatte als Klägerin den Schadensersatzanspruch von Staiger geltend machen wollen. Dazu war sie laut Gericht gar nicht befugt. Mit 1.000 britischen Pfund haftendem Kapital hatte sie nicht einmal die nötigen Mittel, im Falle einer Niederlage die Ansprüche des Prozessgegners erfüllen zu können. Das Kloster als Rechtsperson war bereits in der ersten Instanz gegen die Nemesis vom Gericht aus der Verantwortung genommen worden. Doch die im Urteil festgelegte Übernahme der Kosten blieb die Firma schuldig. Die Deutsche Bank teilte dem Kloster mit, dass auf dem Konto dafür kein Geld sei. (KNA)

Weitere Informationenen auf der Internetseite des Klosters Andechs.