Rojdiar Ali (genannt „Diar“) und Rezan Suleiman, beides Kurden aus Syrien, waren im Jahre 2015 bei den Kapuzinern im Ingolstädter Kloster im Kirchenasyl. Für unsere Zeitschrift Ordenskorrespondenz haben Sie einen Erfahrungsbericht geschrieben, den wir vorab in gekürzter Version hier veröffentlichen:
Zunächst hatten wir große Bedenken: Wir wußten, daß wir als Moslems in eine religiös-christliche Gemeinschaft kommen würden. Wie weit dürfen wir „dabei“ sein? Wie würden wohl Christen unseren Glauben als Moslems sehen? Würden sie uns nicht nur aufnehmen, sondern auch so, wie wir sind, annehmen? Wie müssen wir uns verhalten?
Fragen über Fragen, Zweifel und Ängste bedrängten uns. Schon sehr bald aber erkannten und durften wir spüren, daß unsere Vorbehalte und Bedenken völlig grundlos waren. Wir waren überrascht, daß wir von Anfang an von allen vorbehaltlos aufgenommen und als Menschen moslemischen Glaubens geachtet und voll akzeptiert wurden. Die Brüder ließen uns „mitleben“. Wir waren geachtet als Menschen, Menschen, die in Not sind.
Leider konnten wir viele Fragen, die wir hatten, nicht oder nur sehr bruchstückhaft stellen - unser Deutsch war einfach anfänglich zu schlecht. Nichtsdestoweniger gaben sich die Brüder immer sehr viel Mühe, um sich mit uns zu unterhalten, sich mit uns abzugeben und uns das Gefühl zu vermitteln, daß wir „dazu gehörten“, und nicht allein waren.
Aber auch unsere Freunde und Betreuer aus der dezentralen Unterkunft in Kösching (Kösching ist nur etwa 10 km von Ingolstadt entfernt) haben uns sehr geholfen, die Zeit des Asyls zu überbrücken, indem sie uns regelmäßig besuchten, mit uns Gespräche führten, uns Deutschunterricht gaben und zeitaufwendigen „Verwaltungskram“ für uns erledigten.
Was und wer uns in der Zeit des Kirchenasyls so sehr geholfen hat und uns bis heute immer wieder hilft, sind - neben unseren Freunden und unseren Helfern und Betreuern der dezentralen Unterkunft - vor allem die Brüder im Kloster, wo wir während des Kirchenasyls in einer menschlichen, freundlichen Umgebung leben durften, aber auch die viele Freunde und Wohltäter des Klosters, die uns, auch heute noch, immer wieder helfend zur Seite standen und stehen.
So besorgte man Landsleuten von uns eine Praktikantenstelle in einer Gärtnerei bzw. in einem Kleinbetrieb und stand uns stets mit Rat und Tat zur Seite, auch erledigte man so mancherlei, was gerade anfiel und getan werden mußte.
Danke den Freunden, den Helfern und Betreuern, Danke den Brüdern im Kloster, die uns zu „echten Mitbrüdern“ geworden sind.
Danke den Christen, die durch ihr Verhalten uns gegenüber und durch ihre tatkräftige Hilfe ihr Christsein vorbildlich bezeugen.
Wenn sie uns brauchen und wir etwas für sie tun können, werden auch wir selbstverständlich gerne „da“ sein. Wir könnten, so wie in unserer Zeit des Kirchenasyls im Kloster Ingolstadt, bei Arbeiten wie etwa dem Putzen der Kirche mithelfen und natürlich – wir sind von Beruf gelernte Friseure – war und ist es uns auch weiterhin eine große Ehre, den Brüdern auch künftig die Haare schneiden zu dürfen.
Es ist uns wichtig, hier noch anzumerken, daß es zermürbend und traurig ist, wie sehr unterschiedlich Asylanträge der Asylbewerber aus gleichem Herkunftsland von staatlicher Seite (auch bei gleicher Vorgeschichte und gleichen Voraussetzungen) behandelt werden. Wir warten immer noch bis heute auf Anerkennung als Asylsuchende.