Ordensgemeinschaften in Deutschland

Orden im Engagement gegen Geistlichen Missbrauch

Seit einigen Jahren wächst in der Kirche - wie auch in der Gesamtgesellschaft in Deutschland - die Sensibilität für Fragen von Macht und ihres Missbrauchs. Diese Fragen stellen sich umso dringlicher, wo Machtgefälle ausgenutzt und die Gefahr besteht, dass geistliche Autorität missbraucht werden kann.

Seit einigen Jahren wächst in der Kirche - wie auch in der Gesamtgesellschaft in Deutschland - die Sensibilität für Fragen von Macht und ihres Missbrauchs. Diese Fragen stellen sich umso dringlicher, wo Machtgefälle ausgenutzt und die Gefahr besteht, dass geistliche Autorität missbraucht werden kann. War in den vergangenen Jahren der Fokus vor allem auf sexuelle Gewalt und die bewusste Prävention zu deren Verhinderung gerichtet, so kommt im Raum der Kirche inzwischen der sogenannte "Geistliche Missbrauch" verstärkt in den Blick. Fragen zum Umgang mit diesem Phänomen greift die Arbeitshilfe "Missbrauch geistlicher Autorität" auf, die die Deutsche Bischofskonferenz in diesem Herbst veröffentlicht hat. Im Vorwort der Arbeitshilfe weist Bischof Heinrich Timmerevers, Mitglied der diesbezüglichen bischöflichen Fachgruppe, auf die Vorgeschichte der Arbeitshilfe hin.

Im Team der Anlaufstelle

Zu diesem Vorlauf gehört eine Tagung zum Thema "Gewalt gegen Frauen in Kirche und Orden", die unter Beteiligung der Deutschen Ordensobernkonferenz im September 2019 in Siegburg stattgefunden hat.  Weitere Beteiligte waren die Deutsche Bischofskonferenz sowie die katholischen Frauenverbände KDFB und kfd. Aus dieser Veranstaltung entstand eine Anlaufstelle für Frauen (und inzwischen auch für Männer), die als Erwachsene Gewalt im kirchlichen Raum erfahren haben, die seit Dezember 2020 online ist. Sie versteht sich als Erstberatung und Krisenintervention, wo Frauen kostenlose und anonyme Beratung nach geistlichem und / oder sexuellem Missbrauch in kirchlichen Kontexten einschließlich der Ordensgemeinschaften erhalten können. 
Im Team gibt es verschiedene Expertisen, die den Betroffenen zur Verfügung stehen. Eine der Beraterinnen ist Schwester Ulrike Diekmann CPS. Sie berichtet aus ihren Erfahrungen: Die Erzählungen der Betroffenen hinterlassen Spuren, machen immer wieder etwas mit mir, meinem Seelenfrieden, meinen Überzeugungen... Und so berührt es mich zutiefst, mit welchem Vertrauen die Frauen (und Männer) von ihrem Leid und ihren Traumata wagen zu sprechen. Mich berührt ihre Courage, sich dem Erlittenen zu stellen. Mich berührt ihre Bestimmtheit, ja, ihre Trotzkraft, sich in ihr eigenes Leben "trotz allem" irgendwie zurückzukämpfen, sich ihre Selbstbestimmung zurückzuholen und alles in ihrer Macht Liegende gegen Missbrauch und seine verheerenden Folgen zu tun. Ja, das alles berührt mich und macht mich zugleich zutiefst betroffen, wenn ich von den Verletzungen, dem Leid, sogar der Zerstörung der tiefsten Tiefen eines menschlichen Seins höre.

Ich bin einfach dankbar, dass ich Frauen (und Männer) ein Stück auf ihrem Weg der "Be-Freiung" (was das auch immer für den/die jeweilige Betroffene/n bedeuten mag) begleiten darf."

Publikation "Selbstverlust und Gottentfremdung"

Im Patmosverlag ist in diesem Jahr das Buch "Selbstverlust und Gottentfremdung. Spiritueller Missbrauch an Frauen in der katholischen Kirche" erschienen. Öffentlich erzählen hier Frauen von ihren Erfahrungen mit spirituellem Missbrauch in Ordensgemeinschaften, in geistlichen Gemeinschaften und in der Seelsorge. Die Zeugnisse der Frauen werden ergänzt um Beiträge von Verantwortungsträgerinnen in den Orden und um eine theologische Einordnung durch die Herausgeberinnen - unter ihnen die Ordensfrau Sr. Philippa Rath OSB.
Zum Download: Flyer zur Buchpublikation

Zwei Jahre zuvor ist im Herbst 2021 bei Aschendorf das Buch „Erzählen als Widerstand“ erschienen, das sich ebenfalls bereits dem spirituellen und sexuellen Missbrauch an erwachsenen Frauen in der katholischen Kirche widmet.

Fortbildung der DOK

Die Deutsche Ordensobernkonferenz greift das Thema im kommenden Jahr mit einer Fortbildung "Geistliche Gewalt – Die Dunkelseite geistlicher Autorität und geistlicher Begleitung" auf. Das Hauptanliegen des Angebots des DOK-Bildungsreferats RUACH zielt auf eine Sensibilisierung für das Phänomen der geistlichen Gewalt. Es braucht Beschreibungs- und Definitionsversuche. Die Dimensionen des Machtmissbrauchs wie auch die Folgen für Betroffene und Tatpersonen sollen zur Sprache kommen. Die Fortbildung will den Blick für Fallen, Mechanismen und blinde Flecken sowohl bei handelnden Personen als auch in Systemen schärfen. Es geht darum, Handlungsoptionen in der Begleitung von Menschen auf ihren Lebens- und Glaubenswegen und in der Leitung von Gemeinschaften zu eröffnen.
Hier geht es zu dem RUACH-Angebot