ZELL/KLOSTER OBERZELL Seit kurzem steht im Kloster Oberzell bei Würzburg eine Stele aus Glas, die an den Sendungsauftrag der Gemeinschaft erinnert und mahnt.
„Wir sind schuldig geworden an Mädchen und Frauen. Menschen sind zu Schaden gekommen, fühlen sich in ihrer Würde verletzt, missachtet oder traumatisiert. An dieser Stelle bitten wir um Vergebung.“ Dies sagte Schwester Veridiana Dürr, Generaloberin der Dienerinnen der hl. Kindheit Jesu, während einer Gedenkfeier im Kloster Oberzell an dem neu geschaffenen „Ort der Erinnerung und Mahnung“.
Die Würzburgerin Antonia Werr hatte die Kongregation Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet, um Frauen, die in eine ausweglose Situation geraten waren, neue Lebensperspektiven zu ermöglichen. Dieser anspruchsvollen Aufgabe stellen sich die Oberzeller Franziskanerinnen und ihre MitarbeiterInnen seit über 150 Jahren.
In den vergangenen Jahren hatten sich jedoch Frauen in Oberzell gemeldet, die durch die Erziehungsmethoden der 50er und 60er Jahre in den Heimen gedemütigt worden waren. „Durch den Kontakt mit den Betroffenen wurde uns bewusst, dass wir dem Auftrag unserer Gründerin nicht immer gerecht geworden sind“, begründete Schwester Veridiana die Errichtung einer Stele, die die Schwestern erinnert und mahnt, Mädchen und Frauen in ihrer Würde aufzurichten.
Im Auftrag der Gemeinschaft hatte Schwester Irmlind Rehberger (†12.9.2011) in den letzten zwei Jahren 20 Frauen begleitet, die ihre leidvolle Vergangenheit anschauen und aufarbeiten wollten. Mit jeder Frau war sie einen eigenen Weg der Versöhnung gegangen. Es war ihr wichtig, dass diese heilsamen Prozesse durch ein äußeres Symbol einen bleibenden Ausdruck finden. Die von Künstler Matthias Engert (Würzburg) geschaffene Stele aus Glas wurde im Kirchgarten zwischen Mutterhaus und Klosterkirche aufgestellt.
Zu der Gedenkfeier am 19. September waren Mitglieder der Kongregation, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Oberzeller Einrichtungen sowie externe Gäste eingeladen. Umrahmt wurde die Andacht mit Gebeten, einem Rosen-Ritual, Liedern und Instrumentalmusik. Anschließend gab es ein einfaches Mahl im Refektor des Mutterhauses.
Johanna Falk vom Ökumenischen Nagelkreuzzentrum in Würzburg dankte den Oberzeller Schwestern für alle Schritte, die gegangen worden sind, um Versöhnung zu ermöglichen und drückte ihre Hoffnung aus, dass dieser Prozess der Aufarbeitung nun zu einem Abschluss komme. Eine Betroffene aus der Heimzeit sagte, dass der Versöhnungsweg gelungen sei.
Die Vorsitzende des Vereins ehemaliger Heimkinder, Frau Monika Tschapek-Güntner aus Soest, bedankte sich für die Feier. Sie habe bislang noch nirgendwo erlebt, dass eine Gemeinschaft in dieser Form zu ihrer Schuld und ihrem Versagen stehe ohne zu versuchen sich herauszureden oder die Erziehungsmethoden der damaligen Zeit herunterzuspielen und sich zu rechtfertigen. Dies habe ihr sehr gut getan. (kaga)
Weitere Informationen auf der Internetseite der Dienerinnen der hl. Kindheit Jesu