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Berufung – dieses Wort, das prominent im Titel der Synode „Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsunterscheidung" steht, taucht überraschenderweise nur sehr am Rande dieser Synode auf. Diese doch so fundamentale Frage – auch nach den fehlenden Berufungen für unsere Kirche in Europa –erscheint nur am Rande. Was hat dies zu bedeuten?
Ich glaube, dass dies ein positives Zeichen ist. Zuerst macht es deutlich, dass die Synode wirklich einen unverzweckenden Blick auf die jungen Menschen einnimmt. Sie will alle jungen Menschen in den Blick nehmen und nicht bevorzugt jene, die schon mit Jesus unterwegs sind „Tutti i giovani sono i nostri giovani“ – Alle Jugendlichen sind unsere Jugendlichen, so drückte es Don Ángel Fernández Artime, der Generalobere der Salesianer Don Boscos, bei seinem Synodenbeitrag am 19. Oktober aus.
Deren Fragen nach Würde und Rolle der Frau, nach Bedeutung und Umgang mit der menschlichen Sexualität, nach dem Versagen der Kirche durch (sexuellen) Missbrauch, nach erzwungenen Migrationsbewegungen durch Kriege, Klimawandel und Perspektivlosigkeit, nach den epochalen Veränderungen wie Globalisierung und Digitalisierung und nach den neuen Medien beschäftigen diese Synode. Was bedeutet dies für diese Welt und für die jungen Menschen? Was für Interpretations- und Lebenswege bietet ihnen unsere Glaubenshoffnung, unsere Kirche an?
Gottes „Ich bin da – mit meiner bedingungslosen Liebe“ ist hier die Kernbotschaft, die wir als Christen vorleben dürfen. Dies ist unsere Berufung. Diese werbende Zusage Gottes den jungen Menschen neu zugänglich zu machen, ist der Auftrag dieser Synode.
Darüber hinaus gibt es jedoch heute noch eine viel revolutionärere Botschaft, die den Kern unseres Glaubens bildet, nämlich: Du bist gewollt und wirst gebraucht! Jeder Mensch, jeder junge Mensch dieser Welt, wird gebraucht, hat eine Aufgabe!
Zu viele junge Menschen erfahren, dass sie nur als „human capital“ in unserer Welt betrachtet werden. Zu viele Menschen erfahren sich als überflüssig, ungebraucht und mit nur geringen Gestaltungsmöglichkeiten. Wenn ich auf einige unserer Jugendlichen in der Jugendhilfe schaue, ist dies deutlich sichtbar. Ihr Leben ist oft von Ungewollt- und Ungebrauchtsein gezeichnet. Sie erfahren sich als Last. Und manchmal fällt es selbst uns Pädagogen und Ordensleuten schwer, den Ort zu sehen, wo diese jungen Menschen mit ihren individuellen Herausforderungen in unserer Welt gebraucht und gewollt sind. Sie sind jedoch gebraucht! Sie sind von Gott gerufen und berufen. Sie sind Gottes „Plan A“, um sein Reich heute Realität werden zu lassen.
Beten wir darum, dass unsere Glaubensgemeinschaft durch diese Synode tiefer die Berufung aller Menschen erkennt, nämlich, dass jeder einzelne in aller Unvollkommenheit, Verletztheit, Begrenztheit und Einzigartigkeit berufen, gebraucht, von Gott gewollt ist, seinen unverzichtbaren Beitrag für diese Welt einzubringen.
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