Ordensgemeinschaften in Deutschland

Das diakonische Engagement auf den Philippinen als Ort der Gottesbegegnung

Armut als zentrale Herausforderung - Teil II

Die Philippinen stehen in diesem Jahr im Fokus des Sonntags der Weltmission, der am 23. Oktober begangen wird. „… denn sie werden Erbarmen finden“ (Mt 5,7) lautet das Motto der diesjährigen Kampagne zum Sonntag der Weltmission, der weltweit größten Solidaritätsaktion der Katholiken. Dabei fällt auf: Gerade Ordensleute prägen mit ihrem diakonischen Einsatz das Gesicht der Kirche auf dem südpazifischen Insel-Archipel. Im aktuellen Heft 3/2016 unserer Zeitschrift Ordenskorrespondenz berichtet der Missionswissenschaftler Prof. DDr. Klaus Vellguth von missio in Aachen über die Situation der Kirche auf den Philippinen. In Vorbereitung auf den Weltmissionssonntag veröffentlichen wir Teile des Artikels auch hier auf orden.de.

Eine der größten Herausforderungen für die Menschen auf den Philippinen stellt die wachsende Armut im Land dar. Auf dem Human Development Index belegt das Land den 117. Rang, wobei einer geringen Oberschicht die verarmte Bevölkerungsmehrheit gegenüber steht. So stehen zwei Drittel der Bevölkerung täglich weniger als 1,50 Euro zur Verfügung, vierzig Prozent aller Menschen müssen sogar mit weniger als einem Euro am Tag auskommen. 50 Millionen Menschen leben auf den Philippinen ohne ausreichende soziale Absicherung. Die Armut auf den Philippinen hat unter anderem strukturelle Ursachen: Mehr als 50 Prozent des Staatshaushaltes fließt in den Schuldendienst des wirtschaftlich hochverschuldeten Landes, und so fehlen dem Land die Ressourcen, um in die Entwicklung der eigenen Wirtschaft zu investieren.

Traditionell kommt der Familie auf den Philippinen eine große Bedeutung zu. So bekennt sich der Staat in der Verfassung zur „Heiligkeit des Familienlebens“ Verfassung der Philippinen, Artikel II, 12. und verpflichtet sich, die Familie als eine Keimzelle der Gesellschaft zu stärken. Dennoch leben viele Familien auf den Philippinen in Armut. Die Zahlen sind dramatisch: 15 Prozent aller Familien können sich nicht selbst mit Nahrungsmitteln versorgen. 3,8 Millionen Familien (und damit etwa 23 Millionen Menschen) sind von Hunger betroffen. Die Zahl der Filipinos, die sich nicht selbst ernähren können, hat sich seit dem Jahr 2000 mehr als versechsfacht. Für viele Familien ist die Situation auf den Philippinen hoffnungslos. Im Kampf gegen Hunger und Armut verlassen zahlreiche Männer und auch Frauen ihre Familien, um eine Arbeit in den Ländern des Persischen Golfs anzunehmen. Doch meist erwarten sie dort menschenunwürdige Bedingungen. Eingepfercht in Baracken und oft unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen versuchen philippinischen Migranten, ihre Familien aus der Ferne zu unterstützen. Beobachter beschreiben die Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Migranten aus den Philippinen in den Golfstaaten als „moderne Sklaverei“. Andere Philippiner verlassen ebenfalls ihre Heimat; sie heuern bei einer Reederei an und arbeiten als schlecht bezahlte Seeleute. Es liegt auf der Hand, dass viele Ehen und Familien an diesen Beziehungen auf Distanz zerbrechen.

Doch auch die Familien, die gemeinsam im Land bleiben, stehen vor größten Herausforderungen. Frauen und junge Mädchen landen in der Prostitution, um zum Lebensunterhalt ihrer Familien beizutragen. Und schon Kinder müssen arbeiten, um einige Peso zum Familieneinkommen beizusteuern. Oft streifen sie viele Stunden täglich durch die Straßen oder steigen auf die Müllberge, um Papier, Plastik, Flaschen, Metalle und andere Abfälle aufzusammeln und anschließend zu verkaufen. In diesem Klima von Elend und Not greifen Erwachsene, Jugendliche, aber auch schon Kinder zu Drogen. Viele Familien sind vom Alkoholismus betroffen, und immer mehr Kinder aus zerbrochenen Familien landen auf der Straße: Allein in der Hauptstadt Manila wird die Zahl der Straßenkinder auf 75.000 geschätzt.