Bin ich denn eigentlich blöd?
Zu einem Geburtstag vor etlichen Jahren hat mir meine Großmutter gewünscht: „Viel Kraft und Gesundheit, damit du noch lange arbeiten kannst!“ Sie selbst war eine fleißige Bäuerin, die nicht nur die allermeisten Tage ihres Lebens, sondern auch etliche Nächte im Stall verbracht hat. Vielleicht ist es mir vererbt, dass ich gern arbeite. Ich darf dem lieben Gott danken, dass er mir eine große Portion Kraft und Energie geschenkt hat. Wohl deshalb ist ein alter „Spruch“ aus dem Klosterleben bei mir, wie ich hoffe, auf fruchtbaren Boden gestoßen: „Wir sind angetreten, um den Orden zu dienen.“ Wenn ich einmal sterbe, wünsche ich mir, dass der Provinzialminister in seiner Beerdigungsansprache zum Schluss kommt: „Br. Andreas hat versucht, dem Orden zu dienen.“ – und würde natürlich hoffen, dass es auch manches Mal gelungen ist.
Trotz dieser Grundeinstellung ertappe ich mich bisweilen dabei, wenn ich für andere etwas tue und der (nach meiner Meinung) mir gebührende Dank ausbleibt, wie ich mich innerlich frage: „Bin ich denn eigentlich blöd?“ Bin ich denn eigentlich blöd, dass ich all das mache? Und es gibt Augenblicke, wo ich am liebsten voller Wut hinausschreien würde: „Macht euer Zeug doch allein!“ Es ärgern mich die mangelnde Dankbarkeit, der geringe eigene Einsatz, der fehlende Ernst bei der Sache, das viele schlaue Gerede ohne Folgen und die offensichtliche Überzeugung, dass es schon einen gibt, der das, was zu tun ist, erledigt. In diesem Fall: Mich. Den Blöden.
Das „Interessante“ an der Sache: Trotz meines Protests erledige ich die Arbeit. Und wenn ich an meine Grundeinstellung denke, mache ich die Arbeit sogar gern. Einen negativen Beigeschmack bekommt sie nur durch meinen Frust, meinen Ärger über die Anderen. Und das ist das eigentlich Blöde. Wie gut, dass ich es selbst in der Hand habe, da an meinem Denken etwas zu ändern!