Gott und die Welt
In diesen Tagen haben wir den 80. Todestag von Edith Stein begangen. Sie war Jüdin, Christin, Philosophin, Ordensfrau, Mystikerin, eine Frauenrechtlerin ihrer Zeit.
Ich konnte ihren Gedenktag in der Kirche des Berliner Karmel „Maria Regina Martyrum“ mitfeiern, einem Ort des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Im Gebet, in Stille und Musik kam Edith Stein in Zitaten selbst zu Wort, und einer ihrer Gedanken hallt noch in mir nach:
„In der Zeit unmittelbar vor und eine ganze Weile nach meiner Konversion habe ich gemeint, ein religiöses Leben zu führen heiße, alles Irdische aufzugeben und nur in Gedanken an göttliche Dinge zu leben. Allmählich habe ich aber einsehen gelernt, dass in dieser Welt anderes von uns verlangt wird und dass selbst im beschaulichsten Leben die Verbindung mit der Welt nicht durchschnitten werden darf;Ich glaube sogar: je tiefer jemand in Gott hineingezogen wird, desto mehr muss er auch in diesem Sinne ,aus sich heraus-gehen‘, d. h. in die Welt hinein, um das göttliche Leben in sie hinein zu tragen.“*
Nun ist mein eigenes Ordensleben vielleicht viel weniger beschaulich, als es das von Edith Stein damals gewesen ist. Und doch gilt die Einladung, ja Ermutigung auch für mich – für uns:
Das göttliche Leben, das auch zutiefst in mir wohnt, in die Welt hineintragen.
Für mich bedeutet das, mein eigenes Leben, das mit dem göttlichen verwoben ist, mit den Menschen zu teilen - in meinem konkreten Alltag, in meinem Tun, mit meinen Gaben, Grenzen und Fragen und in meinem Sein. Wissend und auch manchmal spürend, dass ich auf Gottes „Zug-Kraft“ in allem setzen kann.
Und wenn dies einmal mühsam erscheint, so hat Edith Stein einen guten Rat für uns: „Mit dir selbst hab Geduld – Gott hat sie auch.“
*Zitiert nach: Selbstbildnis in Briefen I, Edith Stein Gesamtausgabe 2