Erinnerungen: FEST DER TAUFE DES HERRN (TIMKAT) in Addis Abeba
Dieses Abschlussfest des Weihnachtsfestkreises war das erste große, äthiopisch orthodoxe Fest, das ich während meiner Sprachkurszeit in Addis Abeba erleben durfte. Unser Lehrer hatte uns empfohlen diese Gelegenheit zu nutzen. In der Tat war das Fest groß und sehr „anders“.
Beginnend am frühen Nachmittag des Vortages ziehen lange Prozessionen von Gläubigen, und vorallem goldgwandete Chorgruppen, von diversen orthodoxen Kirchen des Stadtgebietes zum zentralen Festplatz. Es ist unglaublich wie die Jugendlichen schweißgebadet , mit großen Trommeln das „ Allerheiligste“ (= die Tabot-Tafeln) der Kirche begleiten. Ich erinnere mich deutlich, dass ich mehrfach nachgefragt habe, was denn die Priester als samtbesticktes Packet auf dem Kopf tragen. Es sind Holztafeln mit den 10 Geboten, das Wichtigste in einer aethiopisch-orthodoxen Kirche, die zusätzlich auch noch einem Heiligen, einem Erzengel, der Dreifaltigkeit oder einer der Namen Mariens geweiht ist. Es war das erste Mal, dass mir der Einfluss jüdischer Elemente in die frühchristliche Religion deutlich wurde.
Zurück zum Festgeschehen: Wenn alle eingeplanten Prozessionen mit ihren Tabots am Festplatz in ihrem jeweiligen Zelt angekommen sind, beginnt der groß angelegte rituelle Tanz der Priester von der „Arche“ begleitet von großen, sonoren Trommeln und anderen archarischen Instrumenten. Bei den reich bestickten bunten, oft goldfarbenen Gewändern braucht es wenig Phantasie, sich König David tanzend vor der Arche des Bundes vorzustellen. Nach diesem wichtigen Part verteilen sich die Gläubigen zur Nachtanbetung und Nachwache zu den eigenen Zelten mit Tabot, in dem die Priester und Diakone Wache halten.
Am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang geht es dann etwas neutestamentlicher zu. Eigentlich an einem Fluss, aber in Addis Abeba eben am einem großen gemauerten (Schwimm)Becken mit viel Wasser wird der Taufe Jesu am Jordan gedacht. Nach ca. 2 Stunden Lesungen, Gesängen, Gebeten und Ansprachen werden die Versammelten, ca. 10.000 Menschen oft sogar mehr, mit großen Rieselern aus dem Taufbecken besprengt.
Gott offenbart seinen Sohn der WELT. Wir alle sind eingeladen unserer Taufversprechen zu erneuern und, wenn eben möglich, trägt man ein neues Kleidungsstück zum Fest, als Zeichen der Erneuerung.
Dieser Gottesdienst lies eine Mischung aus Fremdheit und Ehrfurcht in mir zurück. Es war ein Einblick in die Komplexität und Geschichtsgebundenheit von Glauben.