Ordensgemeinschaften in Deutschland

Johannes vom Kreuz, Seelsorger und Geistliche Begleiter

Johannes vom Kreuz, der in den letzten 30 Jahren durch gründliche historische Studien von seiner barocken Übermalung befreit wurde, erweist sich als einfühlsamer und kompetenter Seelsorger, dessen Sorge vor allem den damals in Kirche und Gesellschaft diskriminierten Frauen galt. Kein Wunder, dass Teresa von Ávila ihn als „Vater meiner Seele“ und einen „Mann Gottes und des Himmels“ bezeichnete (Brief 277). 

Das Geheimnis seiner Seelenführung liegt darin begründet, dass seiner Meinung nach der Hl. Geist der eigentliche Geistliche Begleiter ist. Daraus ergibt sich, dass jeder menschliche Begleiter an die zweite Stelle treten muss, und das hat Folgen, weil es dann zu einer Seelsorge auf Augenhöhe führt, wo es dann nicht mehr den „Geistlichen Vater“ und die untergebene Tochter/Sohn gibt, sondern beide unter der Leitung des Hl. Geistes stehen: „So muss die ganze Sorge der geistlichen Begleiter dahin gehen, sie nicht ihrer eigenen Methode und dem, was ihnen liegt, anzupassen, sondern zu schauen, ob sie Gottes Führung für sie erkennen, und wenn sie das nicht erkennen, sollen sie sie nicht verwirren“ (Lebendige Liebesflamme 3,46). Seelsorge besteht also in erster Linie im Bemühen, Gottes Führung im Leben der zu begleitenden Person zu erkennen, ihr zu helfen, diese zu erkennen und dann nach Möglichkeit zu verwirklichen. Und weiter: „Denn nicht alle wissen für alle Vorkommnisse und Zielsetzungen, die es auf dem geistlichen Weg geben kann, Bescheid, noch verfügen sie über einen so fähigen Geist, dass sie für jedes Stadium des geistlichen Lebens erkennen, wohin die Seele geführt und gelenkt werden muss; zumindest soll er nicht glauben, dass er das alles hat, noch dass Gott jene Seele wohl nicht weiter wird voranbringen wollen“ (aaO. 3,57). Daraus folgt für den geistlichen Begleiter die Grundhaltung der Demut und des Respekts vor der zu begleitenden Person und nicht die Haltung oder Meinung, „Fachmann“ zu sein.

Teresa legt der Novizenmeisterin ans Herz zu bedenken, dass es ihre Aufgabe ist, „Menschen heranzubilden, damit der Herr in ihnen wohnt. Sie behandle sie mit Mitgefühl und Liebe, ohne sich über ihre Fehler zu wundern, da sie Schritt für Schritt voranzugehen haben, um jede entsprechend dem, wozu sie ihren Geist fähig sieht, allmählich ins Ego-Sterben einzuüben“ (Konstitutionen 40).

Im Grund sind diese Hinweise zur Seelenführung eine Aktualisierung der Haltung Jesu, der gekommen ist, „nicht um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen“ (Mt 20,28).

Über den Autor

P. Raoul Kiyangi ist Provinzial der Deutschen Provinz des Teresianischen Karmel.

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