Ordensgemeinschaften in Deutschland

Tragen und getragen werden

In diesen Tagen bewegen mich zwei Gedanken: tragen und getragen werden.

Zum einen sind es Gedanken von Papst Paul VI. (1897-1978), den ich in Rom in seinem letzten Lebensjahr einige Male erlebt habe, allerdings nur im Vorbeifahren.

Doch unvergesslich ist mir sein Blick: Sehr persönlich, gütig, zugewandt.

Nun bin ich zufällig auf seine Gedanken vom Leiden, vom Tragen des Leids gestoßen.

Er schrieb am Tag nach dem Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils: „Vielleicht hat mich der Herr in diesen Dienst [als Papst] berufen nicht etwa, weil ich dazu eine Eignung besitze oder weil ich die Kirche leiten und aus ihren gegenwärtigen Schwierigkeiten retten könnte, sondern damit ich ein wenig für die Kirche leide und es so offenkundig wird, dass ER, und kein anderer, sie leitet und rettet“ (Papst Paul VI., Segeln im Gegenwind, 221f).

Er deutet das Leiden, das er in Einsamkeit „allein mit Gott“ empfand, als einen Auftrag zur Liebe: „Was für ein Herz ist notwendig! Wie viel Güte! Sympathie für alle, Liebe zur Welt. Universales Gebet und universale Liebe!“ (ebd. 44)

Er sah seine Leiden als ein Tragen und Ertragen mit Christus: in Liebe. -

Zum andern hat mich in diesen Tagen ein Text von Jochem Klepper bewegt, der im Evangelischen Gesangbuch (EG 380) zu finden ist. Sein Lied spricht ebenfalls vom Tragen – nun aber ganz anders: Da ist die Rede von der Verheißung Gottes, dass ER uns liebevoll trägt:

„Ja, ich will euch tragen bis zum Alter hin.
Und ihr sollt einst sagen, dass ich gnädig bin.
Ihr sollt nicht ergrauen, ohne dass ich’s weiß,
müsst dem Vater trauen, Kinder sein als Greis…
Ja, ich will euch tragen, wie ich immer trug.“

Diesem Lied liegt ein Jesaja-Wort zugrunde:

„Bis ins Alter bin ich derselbe, bis zum grauen Haar werde ich schleppen.
Ich habe es getan und ich werde tragen, ich werde schleppen und retten“
(Jes 46,4).

Sind diese Gedanken nicht ein Geschenk? Sie sagen uns doch:

Wir sind getragen von Gottes Liebe und können anderen tragen helfen in Liebe, sogar und gerade auch dann, wenn uns Leid zugemutet wird oder wir mit dem Leid eines uns nahen Menschen konfrontiert sind.

Über den Autor

P. Egon Färber ist Provinzial der Missionare von der Heiligen Familie.

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