Ordensgemeinschaften in Deutschland

Zum Martinsfest

Der uns bekannten Szene, wie der hl. Martin seinen Mantel teilt, als ein Bettler ihn um Erbarmen bittet, fügt sein Biograph Sulpicius Severus die Reaktion der Umstehenden hinzu: „Da fingen manche der Umstehenden an zu lachen, weil er im halben Mantel ihnen verunstaltet vorkam.“ Die Umstehenden amüsieren sich: „Wie siehst du denn aus?“ So oder so ähnlich werden sie ihn gefragt haben. Martin entsprach nicht mehr dem, wie ein Soldat auszusehen hatte. Es war doch völlig normal, daß es Bettler gab, auch, daß sie um Almosen bettelten – aber deshalb musste man doch nicht selbst etwas tun! 

Diese Reaktion schildert uns der Biograph natürlich nicht ohne Grund. Wer Gutes tut, der macht sich unter Umständen lächerlich, allgemeiner gefasst: Wer christlich handelt und wer sich als Christ zu erkennen gibt, muß mit dem Gelächter seiner Umgebung rechnen. Wie gehe ich als Christ mit diesem Gelächter um? Lasse ich mich von der Kritik, die mir entgegenschlägt, treffen, macht sie mich unsicher und hinterfragt sie mein Leben als Christ oder als Ordenschrist?

Sulpicius Severus beschreibt nicht, wie Martin darauf reagiert hat. Aber wir können ananderer Stelle sehen, wie er in einem mehrheitlich nicht-christlichen Umfeld gelebt hat: Er habe die Herzen aller seiner Kameraden gewonnen: „Seine Güte gegen die Kameraden war groß, seine Liebe erstaunenswert, seine Geduld und Demut überstiegen alles Maß.“ Selbst wenn wir die damals übliche Art einer Heiligenbiographie berücksichtigen, können wir doch sehen, daß er ganz einfach als Christ in einer nichtchristlichen Umgebung lebte und so den Respekt und sogar die Zuneigung seiner Kameraden gewann. Er lebte seinen Glauben ohne viel Aufsehen. Von einer aktiven Verkündigung ist nicht die Rede, sondern nur, daß er gut zu seinen Kameraden war.

Nicht selten wird geklagt, der Aktionsradius der Orden sei heute so viel geringer als frühe. Aber gut zu den Menschen zu sein, denen wir begegnen, bleibt uns allemal als Möglichkeit.

Über den Autor

Dr. Franziskus Berzdorf ist Abtpräses der Beuroner Benediktinerkongregation.

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