Ordensgemeinschaften in Deutschland

Lernende bleiben – eine Einschätzung zur 4. Synodalversammlung

Die geballte Kompetenz der Mitglieder war deutlich zu spüren. Ebenso das Herzblut, das in die Erarbeitung der einzelnen Texte eingeflossen war und das sich auch in den Beiträgen der Vollversammlung zeigen sollte. Es hing jedoch nicht nur die Möglichkeit einer Coronaansteckung wie ein Damoklesschwert über den Anwesenden sondern auch die bange Frage, wie die Abstimmungen ausgehen würden.

Die erste Abstimmung am Donnerstagnachmittag wird wohl niemand, der dabei gewesen war, vergessen. Der Schock über die verfehlte Zweidrittelmehrheit der Bischöfe war in fast allen Gesichtern abzulesen. Und auch ich konnte dieses Ergebnis nicht verstehen. Bis heute bin ich darüber schockiert, dass durch die Ablehnung vor allem die queeren Menschen gedemütigt und hunderte Stunden von kompetenter Arbeit als unzureichend gewertet worden sind.

Mit einiger Zeit Abstand zur 4. Vollversammlung werden mir jetzt vor allem zwei Dinge klar: wie mächtig die Vergangenheit wirkt, aus der wir kommen. Und gleichzeitig, wie lernbereit die Kirche ist, um sich zu verändern. Das Abstimmungsergebnis am Donnerstagnachmittag war ein deutliches Zeichen für die Vergangenheit, aus der wir kommen. Plötzlich stand die Frage im Raum, ob man wirklich so weiter machen wolle wie bisher und ob man sich nur vom anderen abgrenzen wolle, oder ob man bereit sei, aufeinander zu hören und sprachliche Kompromisse zu suchen im Bewusstsein, dass wir alle uns vom Guten leiten lassen wollen. In den beiden darauffolgenden Tagen erlebte ich viele Bemühungen, aufeinander zu hören und Brücken zueinander zu bauen. Es gab leider auch vereinzelt polemische Beiträge. Die Atmosphäre im Großen und Ganzen war friedlich, wenn auch nicht spannungsfrei. Es blieb eine kleine Gruppe bestehen, die den Weg der Veränderung nicht oder noch nicht mitgehen kann. Dies verwundert mich nicht. Erstaunlich ist vielmehr, wie viele Bischöfe sich öffentlich dazu bekannt haben, dass es ein ernsthaftes Nach- und Umdenken geben muss und dass man den früheren Pfaden nicht mehr fraglos folgen kann.

Für viele Mitglieder aus der Synodalversammlung war die Gangweise zu zaghaft und das Endergebnis zu mager. Auch das verwundert mich nicht. Es war jedoch schon viel gewonnen, dass die verschiedenen Seiten begonnen haben, Grabenkämpfe zu vermeiden. Aus meiner Sicht heraus haben die Bischöfe in diesen zwei Tagen am meisten gelernt. Es ist ihnen hoch anzurechnen, dass sich die große Mehrheit nicht hinter dem bischöflichen Amt verschanzt hat. Die Zukunft wird zeigen, ob sie bereits genug aus der Deckung gekommen sind oder ob vor allem die Laien mit ihrem teilweise massiven Drängen Recht hatten, forscher voranzuschreiten. Mein Eindruck ist, dass in Frankfurt viel Entwicklung stattgefunden hat. Es gab keine Selbstbespiegelung und kein Verharren in der eigenen „Blase“, obwohl der Sitzungssaal wie eine Blase aussah. Es ging allen darum, sich dafür einzusetzen, dass Glauben und Leben zusammen finden. Dieses gemeinsame Mühen macht mir die größte Hoffnung, denn wer, wenn nicht wir in der Kirche sollten für die Menschen den Blick zum Himmel offen halten?

P. Bruno Robeck OCist, Langwaden