Die einzige erhaltene und bekannte Nonnenkrone des Mittelalters wurde offenbar für Hildegard von Bingen geschaffen. Das glauben die Kuratorin der schweizerischen Abegg-Stiftung, Evelin Wetter, und der Pariser Kunsthistoriker Philippe Cordez. Ihr Bildprogramm entspricht den Visionen Hildegards in ihrem ersten Buch Scivias (Wisse die Wege).
Die Krone ist Teil der Dauerausstellung im Museum der Stiftung in den Berner Voralpen. Die Nonnenkrone wurde laut Wetter und Cordez eigens für Hildegard am Ende ihres Lebens geschaffen. Man wollte demnach über ihren Tod hinaus die Erinnerung wachhalten und hoffte auf eine Heiligsprechung. Hildegard starb 1179, ihre Heiligsprechung erfolgte jedoch erst 2012, als Papst Benedikt XVI. sie zur Heiligen für die Universalkirche und zur Kirchenlehrerin bestimmte.
Wer den Begriff Krone hört, denkt an Gold und Edelsteine, einen festen Reif, den man auf den Kopf setzt. Hildegards Nonnenkrone besteht jedoch aus einer textilen Goldborte, die mit verschiedenen goldbestickten Medaillons verziert ist. Mitte des 12. Jahrhunderts erregte die Bestimmung Hildegards Aufsehen und auch Kritik, die Schwestern im Kloster Rupertsberg an hohen Festtagen mit offenem Haar, einem Schleier und einer Krone die Gebete sprechen zu lassen. Nach der Interpretation von Wetter und Cordez standen die Kronen für die starke Rolle der Frauen in der christlichen Gesellschaft ihrer Zeit. Die Kronen sollten demnach auf einer Ebene mit den Insignien der Kleriker etabliert werden. (kna)