Mutige Menschlichkeit
Schwestern und Brüder aus unseren Reihen, aus den Ordensgemeinschaften in Deutschland, stehen vor Gericht, weil sie geholfen haben. Sie haben Menschen in Not geholfen, damit sie hier ein faires Asyl-Verfahren bekommen und bei einer Abschiebung nicht in Gefahr, in Lebensgefahr geraten. Für diese uralte Idee des Kirchenasyls gibt es Verfahren, die mit unserem Staat ausgehandelt wurden. Dennoch bleibt Kirchenasyl vielen ein Dorn im Auge. Das Wort vom „Gottesstaat“ machte gerade unrühmlich die Runde. Gewöhnlich wird gerade im Süden unserer Republik Wert auf das vielbeschworene C gelegt. Es soll die Abkürzung für „christlich“ sein. Als eins der reichsten Länder der Welt Menschen abzuschieben in mehr als prekäre Situationen, ist das christlich? Ist das, wie das Grundgesetz sagt, „im Bewusstsein unserer Verantwortung vor Gott“? Haben wir vergessen, wie viele Deutsche vor weniger als einem Jahrhundert auf offene Grenzen und unkonventionelle Hilfe angewiesen waren? Außengrenzen dicht zu machen und viel Geld dafür zu bezahlen, dass eine Organisation Menschenleben aufs Spiel setzt, ist das ein christliches Europa?
Wir dürfen nicht schon wieder geschwiegen haben! Unsere Schwestern und Brüder, die für ihre Überzeugung vor Gericht stehen, verdienen unseren Dank und unsere Solidarität. Zugleich aber sind sie nur die Spitze eines wundervollen Eisbergs. Unzählige unserer Brüder und Schwestern in den Orden setzen sich mit anderen für Menschen ein, die bei uns Zuflucht suchen. Sie geben Deutschunterricht, einen Ausbildungsplatz oder Unterstützung bei Ämtergängen, helfen finanziell oder ideell, erleichtern Lebenssituationen durch ein Lächeln, durch Fürbitte, durch Solidaritätsaktionen und …
Ordensleben ist vielschichtig, in diesen wie zu allen Zeiten. Dass Ordensleben auch diese Seite hat, eine engagierte, mutige, menschliche, ist mir Mahnung und Grund zur Hoffnung.