Ordensgemeinschaften in Deutschland

Missionsköpfe: Sr. Anna-Luisa Kotz

Sr. Anna-Luisa Kotz baut Brücken der Verständigung zwischen Deutschland, Tansania und Äthiopien. Das ist allerdings keine Einbahnstraße...

Missionsköpfe - das sind Ordensfrauen und Ordensmänner, die mit ihrem Leben und ihrem Tun für ein modernes Missionsverständnis stehen, etwa im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils, auch wenn sie zum Teil schon vor dem Konzil gelebt und gewirkt haben. Anlässlich des außerordentlichen Monats der Weltmission im Oktober 2019 und dem damit verbundenen Themenschwerpunk "Mission" auf orden.de im 2. Halbjahr 2019 werden hier und im Themenbereich Mission einige von ihnen exemplarisch portraitiert.

Schwester Anna-Luisa Kotz trat 1990 in die Gemeinschaft der Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul in Untermarchtal ein. Nach mehreren Jahren als Krankenschwester und einem Studium im Bereich Pflegepädagogik unterrichtete sie Gesundheits-und Krankenpflege und war als Pflegedirektorin am Stuttgarter Marienhospital tätig. Zudem absolvierte sie ein Master-Studium in Werteorientierter Personalführung und Organisationsentwicklung. Heute ist sie Generalrätin, ist im Vorstand tätig und vertritt als Missionsprokuratorin die Themen der Mission in der Ordensleitung. Mehrmals jährlich reist sie zu den Schwestern in Tansania und Äthiopien.

Als Quereinsteigerin bezeichne ich mich. Ohne klassische Erfahrung als „Missionarin“ übernahm ich vor einigen Jahren die Aufgabe der Missionsprokura unserer Gemeinschaft. Was ich bis zu diesem Zeitpunkt konnte, war, Veränderungsprozesse zu gestalten. Und das ist seit einigen Jahren auch in dieser Aufgabe mein Hauptanliegen. Inzwischen reise ich viel, arbeite in Deutschland, Tansania und in Äthiopien und lerne. Lerne Menschen, Projekte und Kulturen kennen, zwischendrin lerne ich auch immer wieder Neues über mich und über meine kulturelle Prägung kennen. Auch wenn ich ein wenig quer daher kam, eingestiegen bin ich inzwischen in die „Missionsarbeit“!

Irgendwie geht es immer wieder aufs Neue darum, Brücken zu bauen, Brücken zwischen Kulturen, zwischen Sprachen, zwischen Generationen, zwischen Menschen und Institutionen. Immer wieder geschieht es, dass ich Brücken begehe, um die Distanz zwischen den Kulturen zu überwinden, und merke auf einmal, dass ich auf einer Brücke gelandet bin, die aussieht, wie die in Avignon. Mitten über dem Fluss bricht sie ab, unmöglich komme ich an das andere Ufer - die Menschen auf der anderen Seite des Ufers haben die Brücke abgerissen, haben an einem anderen Ort gebaut, sind mit ihrem Bau noch nicht so weit oder haben aufgegeben, weil ich zu langsam war.

Auf den ersten Blick scheint es, als wäre es meine Aufgabe, Brücken zwischen Deutschland, Tansania und Äthiopien zu bauen, Verständnis zu schaffen, an einer gemeinsamen Zukunft zu bauen, gemeinsam Projekte zu initiieren und weiter zu entwickeln. Einfache Rollenaufteilungen von Geldbeschaffung auf der einen Seite und der Umsetzung der Hilfsprojekte vor Ort funktionieren immer seltener, immer häufiger geht es darum, Netzwerke zu bilden, voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu beschenken. Dazu müssen Brücken zwischen vielen unterschiedlichen Menschen gebaut werden, Einbahnstraßen helfen nicht, haben vermutlich noch nie geholfen.

Dazu bestärkt mich das missionarische Verständnis unserer Ordensgründer. Ein Verständnis, das die üblichen Rollen umkehrt. Ein Verständnis, das mich stets aufs Neue ermutigt, mich von den Armen bekehren zu lassen, mir von den Armen den Weg ins Leben und den Weg zu Christus zeigen zu lassen. Und diese Armen begegnen mir täglich, unabhängig davon, ob ich gerade in Tansania, Äthiopien oder Deutschland bin.

(von Sr. Anna-Luisa Kotz)