In der Auftaktversammlung des Synodalen Weges am Abend des 30. Januar haben sechs Vertreter der Synodalversammlung persönliche Zeugnisse abgegeben. Mit dabei war auch die Benediktinerin Sr. Philippa Rath OSB, die von der Deutschen Ordensobernkonferenz in die Synodalversammlung entsendet wurde. orden.de dokumentiert ihr Statement:
Liebe Schwestern und Brüder, ich stehe hier vor Ihnen als Ordensfrau, deren Berufung derzeit auf eine harte Probe gestellt wird. Ich liebe unsere Kirche, aber ich leide auch an ihr und nicht selten schäme ich mich für sie. Wohl nie in meinem klösterlichen Leben habe ich so viel für sie gebetet wie in den letzten zehn Jahren. Ich fühle mich den Opfern von Missbrauch und Gewalt zutiefst verbunden. Ich leide mit den verwundeten Menschen, die in unsere Abtei kommen, die unsere Kirche enttäuscht verlassen haben oder im Begriff sind dies zu tun. Keine Randexistenzen, nein: gläubige Menschen, engagierte Christinnen und Christen. Menschen, die voll Sehnsucht nach Gott und nach glaubwürdigen Zeugen der frohen Botschaft suchen. Ich stehe hier vor allem für viele Frauen, auch Ordensfrauen, die sich mehr Mitbeteiligung und Mitverantwortung in unserer Kirche wünschen – nicht als Lückenbüßer, nicht als Almosen, sondern als verbrieftes Recht in Anerkennung ihrer gleichen Würde. Schon viel zu lange warten wir Frauen darauf. Dass Frauen in Leitungspositionen – auch in geistlichen Leitungsämtern – ganz selbstverständliche Normalität sein können – beweisen übrigens die Ordensgemeinschaften seit 1500 Jahren. Es lohnt sich, auf diese Tradition wieder neu zu schauen und sie weiter zu entwickeln.
Ich möchte mir an dieser Stelle ein Wort aus dem Römerbrief zu Eigen machen: Wider alle Hoffnung hat er voll Hoffnung geglaubt, heißt es da. Ja, ich glaube wider alle Hoffnung voll Hoffnung, dass Umdenken und Erneuerung möglich sind, dass es sich lohnt, neu zu denken und Kirche anders zu leben, Dienste und Ämter neu zu sehen und anzuerkennen, wieviel an Seelsorge, an Diakonie, an gelebter Liebe und echter Nachfolge schon heute von unendlich vielen Frauen getan wird. Wer sind wir, frage ich mich, dass wir Gott vorschreiben wollten, wen er zu welchen Ämtern und Diensten in seiner Kirche beruft und welches Geschlecht diese 2 Berufenen haben müssen? Geht es nicht um den gemeinsamen Dienst an den Menschen und um die gemeinsame Antwort auf den Heilsauftrag Jesu?
Liebe Schwestern und Brüder, das erste Wort der Benediktsregel, nach der ich lebe, heißt „Höre“. „Höre mein Sohn, meine Tochter, auf die Lehren des Meisters … und erfülle sie durch die Tat.“ Ich habe mich zu dieser synodalen Versammlung auf den Weg gemacht, um zu hören: auf Gottes Geist und auf Ihre Worte und Argumente. Und ich hoffe wider alle Hoffnung, dass wir alle bereit sind, respektvoll aufeinander zu hören - ohne Tabuisierung, ohne Denkverbote, ohne Vorverurteilungen, ohne Selbstgerechtigkeit und vor allem ohne einander die Rechtgläubigkeit und die Liebe zur Kirche abzusprechen. Gottes Geist weht, wo er will, vielleicht gerade dort, wo wir ihn am wenigsten erwarten.
Ich bin überzeugt: Heute – hier und jetzt – ist der Kairos, den es zu ergreifen gilt. Noch ist es nicht zu spät. Haben wir keine Angst. Seien wir uns unserer Verantwortung bewusst. Viele Menschen schauen voll Hoffnung und Erwartung auf uns – in und außerhalb der Kirche, in unserem Land und in der Welt. Vor allem aber schaut Gott auf uns. Er sieht in unser Herz; er sieht, ob unser Wille zu Umkehr und Reue echt ist; er sieht, ob wir bereit sind ernst zu machen mit der Liebe und mit der Geschwisterlichkeit. Enttäuschen wir ihn nicht!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Video zum Statement finden Sie unter https://www.synodalerweg.de/video/ [Video: Eröffnung der Synodalversammlung vom 30.01.2020]. Sr. Philippa spricht ab Minute 44:30.
Die übrigen Statements und weitere Informationen zur Auftaktversammlung sind unter www.synodalerweg.de verfügbar.