Ordensgemeinschaften in Deutschland

Ordensleute beim Synodalen Weg: Eindrücke von der 3. Synodalversammlung

Am 5. Februar 2022 endete die dritte Synodalversammlung des Synodalen Weges in Frankfurt. Zehn Delegierte aus den Ordensgemeinschaften hat die Deutsche Ordensobernkonferenz zum Synodalen Weg entsandt. Weitere Ordensleute sind Mitglied in Synodalforen oder wurden als Beraterinnen und Berater berufen. Wie bereits an der 2. Synodalversammlung haben einige von ihnen ihre Eindrücke zusammengefasst. Die Statements sind vom Bewusstsein um den Ernst der Situation, vor allem aber auch von Bereitschaft zu Aufbruch, Hoffnung und Freude über das Erreichte geprägt.

  

Im Schlusswort zur 3. Synodalversammlung hat Bischof Bätzing gesagt."Wir arbeiten nicht an Texten, sondern an Veränderung und Umkehr". Und auch wenn manches mühsam bleiben wird und wir auch hinter Hoffnungen zurückbleiben, habe ich doch genau das gespürt: wir arbeiten, wir mühen uns, wir ringen. Und es verändert sich etwas - in Haltungen und in der kirchlichen Wahrnehmung von Lebenswirklichkeiten. Die große Zustimmung, von der die Vorlagen aus den Synodalforen getragen sind, gibt mir Zuversicht, dass sich die Kirche wirklich auch auf dem Weg der Umkehr gemacht hat. 

  

    


In der Berichterstattung über den Synodalen Weg heißt es, wir rüttelten an den Fundamenten der Katholischen Kirche. Das glaube ich nicht. Daran gerüttelt und sie zum großflächigen Einstürzen gebracht haben sexualisierte und spirituelle Gewalt in der Kirche - und wie viele Leben das zerstört hat! Nein, wir rütteln nicht an den Fundamenten der Kirche. Wir versuchen, zu retten, was zu retten und rettenswert ist - und für die Zukunft sicherer und evangeliumsgemäßer wiederaufzubauen. Mit den Ergebnissen der letzten Tage sind wir dem, glaube ich, ein Stück näher gekommen.

  

  


Als Berater beim Synodalen Weg erlebe ich, wie belebend und ermutigend es sein kann, wenn es manchmal gelingt, konträre Positionen auszuhalten. Beim Ringen um Entscheidungen geht nicht ums Recht haben, sondern darum, das Richtige in Gott zu suchen. Das ist manchmal pluraler als wir oft denken. In der ignatianischen Frömmigkeit habe ich gelernt, dass der eine göttliche Geist, dem einen das und dem andere etwas anderes eingeben kann. Jedoch in der Position, in der ein Mehr an Glaube, Hoffnung und vor allem ein mehr an Liebe spürbar bzw. möglich wird, sind wir wohl näher am Willen Gottes. In diesem Sinne plädiere ich in konfliktiven Szenarien oft für mehr Mut zum Experiment. Auch wenn noch vieles ungelöst ist bzw. auch bleibt, ist das Gespräch auf Augenhöhe von Laien, Klerikern und von kirchlichem Machtmissbrauch Betroffenen nicht mehr rückgängig zu machen. Der göttliche Geist wirkt.


Ich mag das Wort von Thomas Söding „Die katholische Kirche kann Synode!“ (so zitiert in „Kirche und Leben“). Ja, wir haben Synode gehalten, wirklich synodal, nicht perfekt, aber wir üben mit viel Eifer. Wir haben viel gearbeitet, uns durch unglaubliche Stapel von Papier und durch Abstimmungen gefressen (auch wenn wir vor Müdigkeit manchmal vom Stuhl zu fallen drohten), wir haben gerungen, gestritten, Wege der Versöhnung nach Streit gesucht, Meinungen stehen gelassen und Überzeugungsarbeit geleistet. Wir haben gebetet und gesummt (singen war ja noch nicht), gehört und Mahl gehalten, eucharistisch und in festen Tischgruppen im großen Saal. Wir haben gemeinsam und allein geweint und gelacht, wir haben bewegt gelauscht, wenn Menschen aus ihrem Leben erzählten oder Theologie trieben oder sie für alle verständlich darlegten. Wir haben unterschieden und entschieden. Wir haben auf den Geist gehört und staunend festgestellt, dass der nicht allen das gleiche eingibt – und habend darin doch eine unerwartet klare Tendenz gefunden. Wir sind unserem Gewissen gefolgt, als keineswegs einheitliches Gremium der deutschen Kirche. Der Weg geht weiter. Wir bringen unsere Stimme ein in das Konzert der Weltkirche. Wir haben nicht das letzte Wort – aber wir würden uns schuldig machen, wenn wir unseren Beitrag nicht leisten würden. Das haben wir getan. Der Weg geht weiter, wie immer in der Geschichte der Kirche.


Im Gehen des synodalen Weges spüre ich immer mehr das Wirken des Heiligen Geistes, in dem wir in gegenseitigem Respekt und gegenseitiger Achtung strittig und konstruktiv diskutieren, argumentieren, debattieren und nicht zuletzt gemeinsam beten. Die Ergebnisse zeigen, dass die Kirche aus ihrer Vergangenheit lernt und handelt und versucht, eine Antwort auf die Frage der heutigen Menschen („Wie kann das Leben gelingen?“) in der modernen Gesellschaft zu geben. Trotz aller Herausforderungen und Skepsis, auch mit Blick auf die Weltkirche, entstehen in mir nach der 3. Versammlung des synodalen Weges Hoffnungsbilder, dass dieser Weg unsere Kirche bewegt, erneuert und das Evangelium für die heutigen Zeit/Menschen im Sinne Jesu Christi deutet. Dabei möchte ich das Zitat von Katharina von Siena „Wartet nicht auf die Zeit, denn die Zeit wartet nicht auf euch!“ auf den Weg nehmen.


Gekommen war ich am letzten Donnerstag mit sehr gemischten Gefühlen, gegangen bin ich nach drei Tagen voll Freude und Dankbarkeit. Die 3. Synodalversammlung in Frankfurt hat Hoffnung gemacht. Hoffnung darauf, dass unsere Kirche tatsächlich zu echten Reformen bereit ist und damit auch ernsthaft gewillt, die systemischen Ursachen der sexualisierten Gewalt wirksam zu beseitigen. Das sind wir den vielen Opfern auch schuldig - und auch den vielen Menschen, die schon so lange auf Veränderungen warten. Alle 14 Textvorlagen wurden in erster und in zweiter Lesung mit grossen Mehrheiten verabschiedet. Die Debattenkultur war bis auf wenige Ausnahmen wegweisend, das Miteinander offen und freundschaftlich- kollegial, die Disziplin angesichts des enormen Arbeitspensums großartig. Es hat sich viel getan in unserer Kirche. Das macht mir Mut, mich weiter mit aller Kraft einzusetzen - für Geschlechtergerechtigkeit, für alle Menschen, die ausgegrenzt und diskriminiert werden, vor allem aber dafür, dass die befreiende Botschaft des Evangeliums wieder neu an Leuchtkraft gewinnt. Mein großer Dank gilt allen, die dazu beigetragen haben!


Coronabedingt habe ich digital an der 3.Synodalversammlung teilgenommen. Aufgrund der Erfahrungen des Präsenztreffens im letzten September konnte ich jedoch die Stimmung in der Synodenaula auch vor dem Bildschirm nachvollziehen. Abstimmungen und Redebeiträge waren digital problemlos möglich. Es war deutlich sichtbar, dass die Mehrheit den Aufbruch zu katholischem Neuland wagt. Unterschiedliche Motivationen und verschiedene Geschwindigkeiten habe ich wahrgenommen. Auch wenn die Abstimmungen immer mit deutlicher Mehrheit entschieden wurden, sehe ich die besondere Herausforderung darin, dass der Spagat gelingt: einerseits diejenigen nicht zu verlieren, die in der Kirche schon lange zu Hause sind und durch grundlegende Änderungen ihre geistige Heimat gefährdet sehen, und andrerseits die notwendigen Änderungen umzusetzen, weil wir nicht wie bisher weiter machen können. Neben dem Wort "Aufbruch zum katholischen Neuland" nehme ich den Begriff "Verantwortungsgemeinschaft" mit. Die Verantwortung verbindet uns. Wir tragen Verantwortung füreinander und voreinander - wenn auch in abgestufter Form. Von den Bischöfen ist jetzt der größte Einsatz gefordert, da sie die Leitungsmacht besitzen. Von allen Männern - besonders den geweihten Männern - ist gefordert, dass sie sich endlich kompromisslos für die Frauen und alle anderen geschlechtlichen Orientierungen in der Kirche einsetzen. Denn zur Zeit ist es leider so, dass nur Männer diese Öffnung bewirken können. Erste Schritte wurden getan, aber der konkrete Weg beginnt gerade erst.


Der Synodale Weg: für die Einen ein Paradigmenwechsel in der Katholischen Lehre, für die Anderen deren Fortschreibung. Für viele und auch für mich ist er eine echte Hinwendung zum Menschen – zum Menschsein selbst. So stelle ich mir Kirche vor! Eine Kirche der Menschen, die ein- und nicht ausschließt, die Christus im Nächsten sucht und findet. Eine Kirche, die schöpferische Vielfalt bejaht und an Erkenntnis wächst. Eine Kirche, die nie aufhört eine Kirche auf dem Weg zu sein.

  

  

  


Mein Eindruck diesesmal war, dass wir einen Paradigmenwechsel einleiten. Ein Einleitungssatz im Grundtext vom Forum Macht und Gewaltenteilung lautet: „Wir haben verstanden…“ Ja, ich glaube, dass wir verstanden haben, Kirche nicht vom System her zu denken, sondern von den Menschen, die die Kirche bilden. Wir haben Texte bearbeitet, die Gruppen von Menschen in den Blick genommen haben, die in der Vergangenheit diskriminiert oder marginalisiert wurden.

Es klang daher an mehreren Stellen an, dass die Kirche ein Zeichen der Vergebung setzen sollte und dies nicht nur in Bezug auf die Betroffenen sexuellen Missbrauchs, sondern auch im Hinblick auf die Frauen, die gehindert werden, ihre Berufung zu leben oder die Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung vom Zugang von Segensfeiern bzw. kirchlichen Berufen ausgeschlossen sind. Dass alle 14 Textvorlagen nach den Beratungen mit so hoher Stimmenanzahl angenommen wurden, erfüllt mich mit großer Dankbarkeit und Hoffnung.


Mit Bangem und mit Hoffnung bin ich zur 3. Synodalversammlung gefahren  – dankbar und sehr bewegt fahre ich wieder zurück. Es waren äußerst intensive Tage, an denen – ich würde sagen – Großes geschehen ist. Die Texte, die jetzt in zweiter Lesung angenommen und verabschiedet wurden, sind großartig und zeugen davon, dass wir es gemeinsam ernst meinen mit der synodalen Kirche. Die Texte in erster Lesung,  die alle mit überzeugender Mehrheit an das Präsidium weitergegeben wurden, sind bahnbrechend. Sie öffnen Wege für das Leben, das Leben in Fülle – in unserer Kirche.  Es ist uns ernst mit dem Evangelium, das hat sich  für mich in diesen Tagen gezeigt. Es gilt, diesen Weg ernsthaft weiterzugehen und zu gestalten.

  


Ich war auch sehr aufgeregt, wie diese 3. Synodalversammlung verlaufen wird. Es war in mir eine eigenartige Spannung zu spüren, die ich schlecht in Worte fassen konnte. Meines Erachtens ist ein Stein/Fels ins Rollen gebracht worden, der sich nicht mehr aufhalten lässt. Und das finde ich gut!

Ich bin sehr gespannt, wie sich das Gesicht der Kirche verändern wird. Die Texte, die in erster und zweiter Lesung behandelt und angenommen wurden, geben mir Zuversicht.

Es hat einen Ruck gegeben, und weitere werden folgen. Es brodelt mächtig, aber es bewegt sich was. Und das gibt mir Mut und Zuversicht.