Ordensgemeinschaften in Deutschland

Benedikt als Ernährungsberater

Schöpfungsgemäßes Essen und Teilzeit-Vegetariertum

Die europäische Kochkunst kann nicht ohne den Einfluss der klösterlichen Gemeinschaften betrachtet werden. Zahlreiche populäre Gerichte werden bis heute nach 'Kloster-Art' zubereitet und die Suche auf Rezept-Websites im Internet führt schnell zu Treffern wie „Klosterbrot", „Klosterkuchen", „Pilzpfanne nach Abtei-Art", „Benediktinersuppe" oder „Karmeliter-Torte". Orden.de widmet sich der Faszination Klosterküche mit einer sommerlichen Artikelreihe zu klösterlicher Kulinarik. Zur dazugehörigen Themenseite geht's hier. In unserem letzten Artikel kehren wir noch einmal zum hl. Benedikt zurück.

Immer wieder werden in der Bibel Ernährungsfragen diskutiert. Für eine „Ernährungsspiritualität“ ist das Leben Jesu eine überreiche Quelle. Im monastischen Bereich bietet bereits die Regel des heiligen Benedikt von Nursia zahlreiche Anregung in Ernährungsfragen:

Zeitsensibles Essen ist schöpfungsgemäßes Essen. Daher lädt die Benediktsregel dazu ein, den Lauf der Jahreszeiten auf der Speisekarte abzubilden. Ernährung ist saisonal variabel, im Sommer anders als im Winter. Zudem solle man sich auf zwei Malzeiten pro Tag beschränken. Die neueste Ernährungsmedizin stimmt zu. Sie zeigt, dass diese Praxis gesund ist:

Der Healthcare Manager und Medizinhistoriker Karl-Heinz Steinmetz erklärt: „Beschränkung auf zwei Hauptmahlzeiten pro Tag stellt eine Spielart des Intervallfastens dar, deren positive Wirkung durch einen Medizinnobelpreis abgesichert ist. Ein Fastenblock im Jahr, am besten im Frühling, ist evolutionsbiologisch gedeckt, und saisonale Küche ist aus chronomedizinischen Gründen ideal.“

Bei der Quantität und Qualität der Speisen und Getränke appelliert der hl. Benedikt an die persönliche Verantwortung des Einzelnen, weil das eigenverantwortliche Maßhalten eine Bedingung gelingender Mahlkultur darstellt. Definitive Obergrenzen stellt er nur für Wein (einen halben Liter täglich) und für Brot als teure Backware auf.

Pflanzliche Nahrung wie Hülsenfrüchten, Getreide, Gemüse, Obst, Nüsse etc. wird in der Benediktsregel hingegen nicht eingeschränkt. Außerhalb der Fastenzeit sind auch tierische Substanzen erlaubt. Diese Punkte aus einer knapp 1500 Jahre alten Ordensregel sind heute allgemein anschlusstauglich, mehr noch: Sie erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Letztlich beschreibt Benedikt ein Teilzeit-Vegetariertum: vegetabile Grundbasis, eine mengenmäßig maßvolle Nutzung tierischer Substanzen, die unter ethisch verantwortbaren Bedingungen gewonnen werden und rotes Fleisch, wenn überhaupt, als sehr seltene Beigabe. Dass ein solches Ernährungskonzept einen wirkungsvollen Beitrag zur Klimafrage, zu Nachhaltigkeit und sozialen Frage der Ernährung bietet, liegt auf der Hand.

(Quelle: Karl-Heinz Steinmetz: Benedikt als Ernährungsberater. Einfach besser essen – Die Regel als Manifest Europäischer Mahlkultur. In: Missionsprokura der Abtei Münsterschwarzach (Hg.): Münsterschwarzacher Ruf in die Zeit, 3/22. S. 14f.)